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Riesengeschäfte mit kleinen Klappen

■ Von überzogenen Preisen für Herzklappen profitierten Tausende Mediziner / Staatsanwalt legte Zwischenbericht vor

Bonn (AFP/taz) – In den sogenannten Herzklappen-Skandal sind mehr Kliniken und Ärzte verwickelt, als bislang angenommen wurde. Der zentral ermittelnde Oberstaatsanwalt Horst Rosenbaum aus Wuppertal teilte am Wochenende mit, daß 250 Krankenhäuser sowie 1.500 Ärzte und andere Klinikangestellte im Verdacht stehen, von den Herstellerfirmen Geld kassiert zu haben, weil sie den Krankenkassen überhöhte Preise für die gelieferten Implantate in Rechnung stellten.

Die Höhe des Schadens, der den Krankenkassen entstanden ist, konnte Rosenbaum noch nicht beziffern. Er hat erst ein Drittel der beschlagnahmten 3.000 Klinikakten ausgewertet. Er rechnet damit, daß der Täterkreis noch größer wird. Trotzdem hofft er, das Verfahren in einem halben Jahr abschließen zu können.

Einem Bericht des Spiegels zufolge hat Rosenbaum am Freitag dem nordrhein-westfälischen Justizminister Rolf Krumsiek (SPD) einen Zwischenbericht geliefert. Daraus zitiert das Nachrichtenmagazin: „Der Verdacht verdichtet sich immer mehr, daß es zu zahlreichen Anklagen kommen wird.“ Bei den Ermittlungen geht es nicht nur mehr um Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung, mittlerweile sind Bestechung und Bestechlichkeit größeren Umfangs im Spiel. Die Ermittler fanden Belege für Weihnachtsgeschenke und teure Betriebsausflüge. In einem Fall bekam ein Arzt anstandslos ein neues Arbeitszimmer für rund 17.000 Mark eingerichtet.

Der Geschäftsführer des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen, Eckart Fiedler, forderte eine sofortige Preissenkung für derartige Medikalprodukte, außerdem müßte die Spendenpraxis der Pharmafirmen überprüft werden. Bedeckt hält sich der Gesundheitsminister. Wenn die Ermittlungen beendet sind, will Horst Seehofer (CSU) seine Meinung zum Skandal abgeben. roga

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