piwik no script img

Daneben-Bemerkung -betr.: "Stufenschulen abschaffen", taz vom 23.3.95

Betr.: „Stufenschulen abschaffen“ v. 23.3

Ihr schreibt, ein gewisser Herr Rebers, ehemaliges SPD-Mitglied, stehe „zu seiner Nebenbemerkung über die Penner auf dem Marktplatz“: „Die, die sich nicht menschenwürdig benehmen, haben da nichts zu suchen.“

Zunächst eine Bemerkung an die Adresse des Bürgerschaftskandidaten vom Brill: Die Menschenwürde ist ein Rechtstitel, auf den auch sog. Penner ein Anrecht haben; siehe Landesverfassung der Freien Hansestadt, Art. 5: „Die Würde der menschlichen Persönlichkeit wird anerkannt und vom Staat geachtet.“ Es bedarf schon einer besonderen demagogischen Energie, den Opfern der Gesellschaft ihr „Benehmen“ als „menschenunwürdig“ vorzuwerfen, anstatt jene Gesellschaft zur Rechenschaft zu ziehen, welche die Würde von Menschen verletzt, indem sie diese arbeitslos macht, sie aus ihren Wohnung vertreibt und auf die Straße wirft. – Diese Gesellschaft, Herr R., die Sie repräsentieren, mißachtet die Menschenwürde! Und Sie, Herr Kandidat, mißbrauchen den Begriff der Menschenwürde, um diejenigen auszugrenzen, deren Menschenwürde vom Staat zu achten ist – auch wenn es „nur“ sog. Penner sind. Sie haben sich für die Übernahme eines Staatsamtes disqualifiziert!

Auf wen geht die Formulierung „Nebenbemerkung“ zurück? Auf Euren Kollegen K.W. (dann müßte er wenigstens „Daneben-Bemerkung“ schreiben), oder auf F. Rebers (dann müßte es „angebliche ,Nebenbemerkung'“ heißen)? Wie Leserin es auch dreht und wendet, bleibt der Eindruck, daß K.W. im Eifer der Berichterstattung nicht gemerkt zu haben scheint, daß die im Sommer 1994 vom Sparkassen-Direktor und damaligen SPD-Mitglied geäußerte „Nebenbemerkung“ menschenverachtend war und daß ihre kommentarlose Wiedergabe den geistigen Brandstiftern (AfB = Achtung forsche Brandstifter!) gedankenlos zuarbeitet. Miriam Landthaler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen