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Regierungen reden, Kommunen handeln

In Berlin tagt der Welt-Bürgermeistergipfel zum kommunalen Klimaschutz / Städte aus aller Welt stellen konkrete Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen vor  ■ Aus Berlin Nicola Liebert

Die Kommunen sind den nationalen Regierungen voraus. Während die Regierungsvertreter erst ab heute auf dem Klimagipfel in Berlin zusammentreffen, starteten Bürgermeister aus aller Welt schon gestern ihren kommunalen Klimaschutzgipfel. Während die Nationalstaaten noch über vage Ziele, über das „Sollte“ und „Könnte“ bei der CO2-Reduktion streiten, haben die Städte und Gemeinden schon mal ganz konkret angefangen, die Treibhausgasemissionen zu senken.

Organisiert hat diesen zweiten Weltbürgermeistergipfel ICLEI, der 1990 gegründete internationale Rat für kommunale Umweltinitiativen mit Hauptsitz in Toronto. Die im Berliner Rathaus Schöneberg zusammengekommenen Repräsentanten von 150 Städten aus 61 Ländern vertreten eine viertel Milliarde Menschen – und haben dennoch auf internationaler Ebene in Sachen Klimaschutz bisher nichts mitzureden.

Dabei können sich die Projekte auf kommunaler Ebene sehen lassen. Nicht nur haben Städte wie Toronto, Heidelberg oder Barcelona sich bereits fest verpflichtet, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2005 um 20 Prozent zu senken; sie haben auch schon Schritte eingeleitet, um dieses Ziel zu erreichen. Saarbrücken etwa legte Rechnungen vor, wonach die CO2- Emissionen durch besseres Energiekostenmanagement und die Förderung alternativer Energien von 1990 bis 1993 um sieben Prozent gesenkt werden konnten.

Die Stadt Freiburg, deren Umweltbürgermeister Peter Heller zugleich den ICLEI-Vorsitz innehat, stellte auf Schautafeln gleich mehrere Möglichkeiten kommunalen Klimaschutzes dar, vom Ausbau des Radwegenetzes über den Bau von Niedrigenergiehäusern bis hin zur finanziellen Förderung von Solarenergie. Angesichts der schwachen Leistungen der internationalen Staatengemeinschaft bei der CO2-Reduktion, so Heller, sei es unverzichtbar, den Handlungsspielraum der Städte noch auszuweiten.

„Die Städte sind der ideale Ansatzpunkt für das Energiesparen“, meint der Abteilungsleiter in der EU-Generaldirektion Energie, Hans-Eike von Scholz. „Sie sind viel bürgernäher, als es der Staat jemals sein kann.“ So könnten die Städte zum Beispiel den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und Straßen sperren, den kommunalen Wohnungsbau nach ökologischen Kriterien betreiben und öffentliche Gebäude auf Energieeffizienz ausrichten. „Die Städte haben zwar die Kompetenzen, aber das Geld, das liegt bei den Regierungen“, klagt von Scholz. Die EU hat zumindest angefangen, etwas von dem Geld in Richtung der Kommunen umzuverteilen. Mit 280 Millionen Mark förderte sie im Rahmen des sogenannten Thermie-Programms vorbildliche Energiesparmaßnahmen – ein Viertel des Geldes fließt dabei direkt an die Städte und Gemeinden.

Überwiegend waren es westeuropäische Städte, zum Beispiel Bologna und Helsinki, die ihre Klimaschutzkonzepte auf Schautafeln im Schöneberger Rathaus darstellten. Doch auch in ärmeren Ländern begreifen viele Stadtregierungen den Klimaschutz als Aufgabe. Der Bürgermeister von Bamako, Djibril Sangaré, etwa erklärt, wie die malische Hauptstadt versucht, den Brennstoffverbrauch vom knappen Holz auf Gas umzustellen. Zwar seien die Industrieländer als Hauptverursacher des Treibhauseffektes auch die Hauptverantwortlichen für Gegenmaßnahmen. Doch könne man in dem Sahelland, wo durch die globale Erwärmung noch schlimmere Dürren drohen, nicht die Hände in den Schoß legen. Zu Beginn des Bürgermeistergipfels forderte der Präsident der Malediven, Maumoon Abdul Gayoon, alle zum Klimagipfel angereisten Regierungsvertreter eindringlich auf, das von den vom Untergang bedrohten Inselstaaten (AOSIS) vorgelegte Protokoll zu einer 20prozentigen Kohlendioxidreduktion zu unterzeichnen. Der Präsident der Touristen- Trauminseln möchte hingegen selbst keine Einschränkungen hinnehmen. Der klimaschädigende Effekt des Flugtourismus sei „vernachlässigbar“, meinte er auf Nachfrage.

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