: Nölle prophezeit ein Desaster
■ Kein Schattenkabinett / Programm „bewährte CDU-Politik“
Früher hätte man in der CDU die Wahlprogramme „etwas unbefangener“ geschrieben, gestand Günter Niederbremer, Vorsitzender der Programmkomission. Aber diesmal sei man vorsichtig gewesen und habe nur das hineingeschrieben, was sicher auch umsetzbar ist. Spitzenkandidat Ulrich Nölle stellte das Papier gestern vor - „bewährte CDU-Politik“, sagte er, keine völlig neuen Positionen.
Aber er redete doch - wenn auch vorsichtig - über Dinge, die nicht in vier Jahren realisierbar sind. Zum Beispiel Regelung über eine „Steuerteilung“ mit dem niedersächsischen Umland: „Erst dann können wir wirklich von gemeinsamer Landesplanung reden.“ Bis dahin müsse bei betrieblichen Umsiedelungen zunächst daran gedacht werden, ob die Steuern in Bremen anfallen oder nicht. Nölle will in Bremen den Bau von Einfamilienhäusern forcieren (in der Osterholzer Feldmark und Brockhuchting), um den Wegzug von Besserverdienenden zu bremsen.
Nachdenken will Nölle auch über den Status der stadtbremischen Häfen in Bremerhaven: „Das kann auf die Dauer nicht so richtig sein.“
Nicht mehr nachdenken muß er über die Lagerhaus Gesellschaft: „Das Monopol der BLG soll nicht erhalten werden.“ Wettbewerb müsse ins Umschlagsgeschäft einziehen. Richtig privatisiert werden sollte auch der „Eigenbetrieb BEB“. Niederbremer: „Da passiert bisher wirtschaftlich nichts, was nicht der Senator abgesegnet hat.“ Im gesamten Müll-Bereich sollte die Stadt sich auf Kontroll-Funktion zurückziehen. Ebenso wie im Energie-Sektor: 74,9 Prozent der Stadtwerke müssen verkauft werden, da will Nölle bis zum 14. Mai und auch danach hart bleiben: „Das ist für uns auch Ordnungspolitik“, sprich: eine Frage des Prinzips.
Aus Prinzip will Nölle den Individual-Verkehr nicht verdrängen, sondern nur den ÖPNV konkurrenzfähig machen, etwa durch eine Linie 6, die als Schnellbahn bis Lilienthal fährt. Die Linie 4 würde nur den Bus ersetzen und die Straße verstopfen.
Ein „Schattenkabinett“ will Nölle diesmal nicht vorstellen, nachdem das von vor vier Jahren so spurlos von der CDU-Bühne verschwunden ist (Wessels, Hattig, Wehrmann). Die CDU setzt alles auf seine Person, ohne Richtlinienkompetenz kann er sich seinen Senat nicht vorstellen - es muß schnell etwas passieren. Denn bisher gibt es keine relevanten Zinsersparnisse, aus denen das Investitionssonderprogramm finanziert werden sollte, das die Wirtschaftskraft Bremens stärken sollte. Wenn das so weitergeht und die 5 Jahre herum sind, in denen Bremen aus Bonn jeweils 1,8 Milliarden bekommt, „dann werden wir ein Desaster erleben.“ K.W.
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