: Ein Bremer Giftzwerg
■ Die „Aktionskonferenz Nordsee“ ist zehn Jahre alt
Wenn Umweltschutzorganisationen Jubiläen feiern, wissen die AktivistInnen eigentlich nicht so recht, ob sie sich freuen oder grämen sollen. Freuen, daß sie zehn oder zwanzig Jahre überlebt haben, oder darüber grämen, daß es immer noch reichlich Gründe für die weitere Existenz gibt. Die 1985 in Bremen gegründete „Aktionskonferenz Nordsee“ (AKN) feierte jedenfalls gern am vergangenen Donnerstag auf dem „Schiff“ und genoß den Blick auf das Weserufer, trotz der Industrieanlagen und leerer Kais . „Wir fahren nirgends hin, wir fahren einfach nur so“, stellte befriedigt Peter Willers fest. Willers, ganz früher in der SPD, dann bei der Bremer Grünen Liste – für die auch in der Bürgerschaft – und bis vor drei Jahren bei den Grünen. Als die beschlossen, in die Ampelkoalition einzusteigen, stieg Willers aus. Willers ist der Anchorman und Projektleiter von AKN.
Ursprünglich von verschiedenen deutschen Umweltorganisationen zum Schutz der Nordsee gegründet, weitete AKN seine Aktivitäten für ein lebendes Meer ab 1988 auch auf die Ostsee aus. Vor allem mit UmweltschützerInnen in Riga und St. Petersburg hat AKN gute Kontakte aufgebaut, konnte mit EU-Geld dort auch Projektbüros zum Schutz der Ostsee aufbauen. „Das sind immerhin Erfolge“, meint Peter Willers.
In Bremen waren er und seine MitstreiterInnen in den vergangenen Jahren nicht so durchsetzungsstark. Als 1992 der Bau des Containerterminals CT3 in Bremerhaven und die damit notwendig gewordene Vertiefung der Außenweser den Senat beschäftigte, schlug die große Stunde für AKN. Sie gaben eine Studie über den wirtschaftlichen Nutzen der Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe in Auftrag. Fazit der Uni-Professoren aus Bremen und Hamburg: „Es ist eine Illusion zu glauben, Bremerhaven könnte mit dieser Maßnahme verlorenes Terrain zurückgewinnen.“
Da Bremerhaven kein industriell interessantes Hinterland hat, bleiben nur rund zehn Prozent der dort angelandeten Container in der Region. Die Wertschöpfung für die Stadt ist also sehr gering. Die ließe sich nur durch weitere Industrie– und Dienstleistungsansiedlung erreichen, eine Investition in diese Felder sei sinnvoller. Die Gutachter empfahlen daher, den bremischen Alleingang in der Hafenpolitik aufzugeben, und mit den noch konkurrierenden Häfen Rotterdam und Hamburg zusammenzuarbeiten.
Daraus wurde bekanntlich nichts. Peter Willers gibt jedoch nicht auf. Denn ob der Millionenbau an der Außenweser und das Hafenkonzept Bremens aufgehen, wird sich noch zeigen. „Ich hänge gern noch mal zehn Jahre dran“, sagt er. „Wir sind nur ein Zwerg, aber ein Geiftzwerg“. ufo
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