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Nachschlag

■ Solo-Performances bei den Freunden der Italienischen Oper

Wenn in der Off-Szene Solos auf dem Programm stehen, ist Vorsicht geboten. Allzuoft unternehmen kaum der Schauspiel- Kinderstube entwachsene Akteure hier theatralische Gehversuche, die zwar einen hohen Selbsterfahrungswert haben mögen, für den Zuschauer aber hartes Gesäßmuskeltraining bedeuten.

Die One-(wo)man-pieces bei den Friends of Italian Opera – mittlerweile schon zum dritten Mal neu aufgelegt – bilden da eine Ausnahme. Das liegt zu allererst an der Mischung. Nicht eineR, sondern drei SpielerInnen bestreiten das Programm, und jedeR versteht etwas von schräger Unterhaltungskunst. Da wäre Jon Flynn. Der ist so britisch wie das Winken der Queen und so schrill wie deren Hutkreationen. Er gibt Gereimtes zum besten, meist als Sprechgesang und bei jeder Nummer in einem anderen Kostüm. In eine überdimensionierte Zigarettenschachtel verpackt, singt er vom kurzen und tragischen Ende eines Glimmstengels, als Mandarin verkleidet die ebenso traurige Geschichte des einsamen Drachen Dave, der leider kein Feuer spucken kann – das Ganze garniert mit einem ständig entgleisenden Gesicht. Während der mutierte Gentleman Flynn noch irgendwie nach dem Sinn im chaotischen Leben fragt, bläst die deutsche Amerikanerin Bridge Markland kleinste Alltagspartikel zu grotesken Szenen auf. Halb gesprochen, halb getanzt, wird die Suche nach einem Kleiderbügel ein absurdes Zwiegespräch mit Schränken und Kommoden. Eine Performance zwischen expressionistischen Stummfilmdrama und Ausdruckstanz.

Die dritte im Dreiländergespann ist die New Yorkerin Syd Atlas. Dias, Stand-up-Comedy-Playback und ein „american housewife“ als Monologrolle sind ihre Mittel bei der Erforschung der erotischen Komponenten eines Staubsaugers. An einem verkohlten Toastbrot knabbernd, sitzt sie da und berichtet von den fatalen Auswirkungen dieser ungeliebten Geburtstagsgeschenks. Eine bitterböse Parabel auf ein Frauenleben in der Vorstadt gibt das, glänzend gespielt und durch die Lichtbilder ätzend witzig gebrochen. Das Sahnehäubchen in einer Kombination, die stimmt: Kreuzberger mixed entertainment at its best im 2. Hinterhof, Parterre. Gerd Hartmann

Bis 16. April jeweils Do.-So. 20.30 Uhr, Friends of Italian Opera, Fidicinstraße 40.

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