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Kühler Kopf und heiße Füße

Jeder fünfte Neubau ist mit einer Fußbodenheizung ausgestattet, unter der Decke wohnt schließlich keiner / Elektroschleifen sind in Berlin verboten  ■ Von Anja Dilk

Kachelofen, Kamin oder Pustefix – die Wohnung bleibt kalt, ein Pulli wird zum notwendigen Utensil an zum Frösteln kühlen Abenden. Ein Mißstand, dem im Zeitalter der Zentralheizung längst abgeholfen wurde. Doch was bleibt, ist der gerippte Heizkörper als optischer Tiefpunkt in penibel gestylten Wohnungen. Viel besser ist da schon eine Fußbodenheizung: Sie ist nicht nur unsichtbar, sondern bietet dazu behagliche Wärme, gleichmäßig verteilt auf der ganzen Fläche. Auch wenn Fußbodenheizungen teuer sind: „Das Interesse an diesem Heizsystem nimmt zu“, resümiert Peter Dirk von der Wohnberatung der Verbraucherzentrale in Berlin.

Jeder fünfte Neubau ist bereits mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. „Physiologisch ist die Fußbodenheizung die ideale Heizung“, so Detlef Bramigk von der Gesellschaft für rationelle Energieverwendung in Berlin, „sie sorgt für einen kühlen Kopf und warme Beine. Schließlich nützt die Wärme unter der Decke, die von normalen Heizkörpern hochsteigt, nicht. Da wohnt ja keiner.“

Das Klima in Räumen mit Fußbodenheizung ist staubfrei, ein Vorteil für Allergiker. Auch Milben können bei einem trockenen, warmen Boden nicht überleben. Die Raumluft trocknet weniger aus, die Wärme verteilt sich besser, schon weil es weniger Luftzirkulation gibt. Allerdings kann es bei hohen Fenstern durch Kaltluftabfall zum Zug direkt über dem Fußboden kommen. Vor allem spricht der geringe Energieverbrauch für die Fußbodenheizung. Während Warmwasserheizungen mit Radiatoren oder Konvektoren arbeiten und eine Vorlauftemperatur zwischen 60 und 80 Grad Celsius brauchen, kommen Fußbodenheizungen schon mit 25 bis 33 Grad aus. Denn Fußbodenheizungen sind Niedrigtemperaturheizungen. Als Flächenheizsystem geben sie ihre Wärme vor allem durch Strahlung ab. Die direkte Übertragung der Wärme auf die Luft, die sogenannte Konvektion, spielt eine geringere Rolle. Da der Fußboden auf der ganzen Fläche beheizt wird, reicht im Vergleich zu anderen Heizsystemen eine geringe Temperatur. Das heißt, das Wasser im Kessel muß geringer erhitzt werden, damit die gleiche Raumtemperatur wie bei anderen Heizsystemen erreicht wird. Da die Fußbodenheizung mit einer niedrigeren Vorlauftemperatur auskommt, sind die Wärmeverluste bei der Energieerzeugung und beim Transport zwischen der Energiequelle und der Verbrauchsstelle geringer. Ein besserer Wirkungsgrad wird erreicht. Zudem läßt sich die Fußbodenheizung sehr gut mit alternativen Energiequellen kombinieren, zum Beispiel mit Solarenergie.

Fußbodenheizungen sind sehr schwerfällig

Allerdings kann die Chance, mit der Fußbodenheizung Energie zu sparen, durch Schwierigkeiten mit dem Regelsystem wieder zunichte gemacht werden. Denn Fußbodenheizungen sind in der Regel enorm schwerfällig. Es kann schon mal zwei bis drei Stunden dauern, bis ein Raum eine höhere oder niedrigere Temperatur erreicht hat. „Es ist ganz wichtig, daß der Wärmeerzeuger möglichst genau auf den Wärmebedarf eingestellt wird“, sagt Manfred Steinhagen vom Umweltbundesamt. Schließlich ist gerade beim Ein- und Ausschalten die Schadstoffemission der Heizanlage besonders hoch.

Der nachträgliche Einbau von Fußbodenheizungen in Altbauten ist problematisch. „Bei Niedrigtemperaturheizungen ist eine gute Isolierung der Böden und des Hauses wichtige Voraussetzung“, so Detlef Bramigk von der Gesellschaft für rationelle Energieverwendung, „nur so kann ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden.“

Bisher gibt es die Fußbodenheizungen in zwei Systemen: Am weitesten verbreitet sind die Warmwasserheizungen. Dazu werden Rohrschleifen, in denen heißes Wasser zirkuliert, auf dem Boden verlegt. Vor einigen Jahren noch gab es Vorbehalte gegen dieses System, da Lecks entstehen können, die man erst sehr spät – beim Durchfeuchten des Bodens – entdeckt. „Doch diese Probleme gibt es inzwischen nicht mehr“, betont Peter Dirk von der Verbraucherzentrale, „die Heizungsbauer haben schließlich in den vergangenen zehn Jahren dazugelernt.“ Bessere Materialien wurden entwickelt, mehr Sicherungen eingebaut.

Neben der Warmwasserfußbodenheizung gibt es die Elektrospeicherheizung. Dazu werden Elektroleitungen oder -matten im Fußboden verlegt, die mit Strom wärmen.

Mit Strom zuheizen ist Energieverschwendung

Erlaubt ist dieses System in Berlin und den meisten anderen Bundesländern jedoch nicht. „Die Nutzung von Elektroenergie für das Heizen verstößt gegen das Berliner Energiespargesetz“, sagt Detlef Bramigk. „Das ist eine enorme Energieverschwendung, denn der Strom kommt ja nur mit 30 bis 40 Prozent Wirkungsgrad in der Steckdose an.“ Alles andere geht auf dem Weg vom Kraftwerk in die Wohnstuben verloren. Die Betriebskosten seien drei- bis viermal so hoch wie bei Gas, vier- bis fünfmal so hoch wie bei Öl. Bramigk: „Es sind unseriöse Nischenfirmen, die so etwas trotzdem verkaufen.“

Ob die Gefahr von Elektrosmog durch die elektrische Energie, die bei diesem Heizsystem frei wird, tatsächlich besteht, da ist man sich noch nicht einig. Bramigk: „Noch handelt es sich wohl vor allem um Ängste. Es besteht in jedem Fall noch enormer Forschungsbedarf.“

Inwieweit Fußbodenheizungen eine energiesparende Heizmöglichkeit sind, hängt auch von der Ausstattung der Wohnung ab. Durch sie kann die Wärmeabgabe eingeschränkt werden. „Unter Möbeln, die nicht auf Stollen stehen, sondern verblendet sind“, erläutert Peter Dirk von der Verbraucherzentrale, „kommt es zum Wärmestau. Holzmöbel können sich dann verziehen.“ Beim Hausbau solle man daher die Verlegung der Heizschleifen soweit wie möglich der späteren Einrichtung anpassen, rät Dirk. Unter Schränken könnten die Heizspiralen beispielsweise weggelassen werden.

Zudem hänge die Effizienz einer Fußbodenheizung von dem Belag ab. Teppiche über Fußbodenheizungen dürfen nur einen geringen Wärmedurchlaßwiderstand haben und sollten antistatisch ausgerüstet sein. Denn ein Belag, der ständig beheizt wird, wird auch bei genügender Luftfeuchtigkeit trocken und lädt sich auf. Ideal sind nach Dirks Meinung Fliesen. „Doch viele Verbraucher wollen das nicht in jedem Raum. Sie finden, durch Fliesen entstünde eine Schlachthausatmosphäre.“

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