: Millionendeal mit iranischer Exportfirma geplatzt
■ Geplante Kaviar-Trikotwerbung scheiterte am Vereinslied des Bundesligisten Schalke 04, das die religiösen Gefühle des potentiellen Sponsors verletzte
Gelsenkirchen (taz) – Als Rudi Assauer Anfang der Woche nicht zu erreichen war, vermuteten auch Vereins-Insider, daß der Manager des Bundesligisten Schalke 04 auf der Suche nach Neuverpflichtungen für die kommende Saison wäre. Nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten war bekannt, daß Assauer in Wirklichkeit ein Geschäft einfädeln wollte, das dem finanziell angeschlagenen Klub einen Millionenbetrag einbringen sollte. Ein Geschäftsmann und langjähriger Schalke-Fan aus dem sauerländischen Attendorn hatte den Kontakt zu einer iranischen Exportfirma hergestellt, die in Deutschland verstärkt für Kaviar vom Kaspischen Meer werben wollte. Offensichtlich waren die Iraner bereit, rund sechs Millionen Mark zu bezahlen, um im Rahmen ihrer Offensive auf dem deutschen Markt zwei Jahre lang bei Schalke 04 für ihr Produkt Trikotwerbung zu machen.
Also war Assauer in geheimer Mission nach Teheran gefahren, um dort über das Angebot zu verhandeln. Dabei unterlief dem 51jährigen allerdings ein Malheur, das die Aussichten auf einen Vertragsabschluß auf Null schwinden ließ. Das gab der Manager nach seiner Rückkehr am Donnerstag abend auch bereitwillig zu: „Als ich unseren Gesprächspartnern Geschenke mitbrachte, habe ich einen Fehler gemacht.“ Neben den üblichen Wimpeln, einem Buch und einem Video über den Klub sowie einem silbernen Förderturm mit dem Emblem von Schalke 04 übergab Assauer nämlich auch eine CD mit dem Vereinslied. Geschäftsführer Peters beschreibt die Folgen: „Erst liefen die Gespräche sehr gut. Die Perser waren zunächst sehr interessiert daran, als Sponsoren bei uns einzusteigen. Als wir uns am Mittwoch nochmals trafen, war die Atmosphäre dann plötzlich sehr frostig.“
Der Stimmungsumschwung hatte damit zu tun, daß einer der iranischen Unterhändler, der in Marburg studiert hatte, sich in der Zwischenzeit das Schalker Vereinslied einmal genau angehört hatte. Anstoß nahm er an einer Textstelle, wo es heißt: „Mohamed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht.“ Als Assauer und Peters am zweiten Verhandlungstag nach dem Lied gefragt wurden, erklärten sie, daß es zum Verein gehöre und bei Versammlungen gesungen würde. „Ich wußte erst gar nicht, worauf die Frage zielte. Auf die Idee, daß der Text religiöse Gefühle verletzen könnte, wäre ich nie gekommen“, sagte Assauer und ergänzte: „Wir haben dann natürlich noch darauf hingewiesen, daß es im Lied weiter heißt ,doch aus all der schönen Farbenpracht, hat Mohamed sich das Blau und Weiße ausgedacht‘. Aber das hat sie nicht mehr überzeugt.“
Zwar gab es am Donnerstag noch eine dritte Verhandlungsrunde, aber „das war verschenkt, das haben die nur noch aus Höflichkeit gemacht“, meinte Peters hinterher. Noch ärgerlicher als über das geplatzte Geschäft waren Assauer und Peters („das ist halt schwierig in solchen Ländern“) aber darüber, daß die Verhandlungen überhaupt publik wurden. „Ich kann nur davon ausgehen, daß selbst im kleinsten Kreis des Vorstands ein Spion sitzt“, sagte Assauer. Nur drei Vorstandsmitglieder, die striktes Stillschweigen vereinbart hatten, waren informiert gewesen. Sogar ihre Flugtickets hatten Assauer und Peters ohne Wissen des Sekretariats gebucht. Assauer denkt deshalb sogar über seinen Rücktritt nach: „Mir reicht es langsam.“ Christoph Biermann
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