: Artenschutz nur vorgeschoben?
■ Spanien legt Veto gegen den Kompromiß im kanadisch-europäischen Streit um Heilbutt-Fangquoten ein
Madrid (taz) – Fehlschlag für die Unterhändler in Brüssel. Noch bevor sie die Einigung offiziell bekanntgeben konnten, legte Spaniens Regierungspräsident Felipe González sein Veto ein. Das Ergebnis der Brüsseler Verhandlungen mit Kanada, das eine Heilbutt- Fangquote von 10.000 Jahrestonnen für die Europäer, 8.000 für Spanien und 2.000 für Portugal vorsieht, sei „völlig ungenügend“.
Die Regierung in Lissabon hat sich gestern noch nicht geäußert. Auch auch von dieser Seite ist ein Veto zu erwarten, da die portugiesischen Fischer das Gesprächsergebnis als „einen wirtschaftspolitischen Skandal“ bezeichneten. Der Sprecher der spanischen Reeder, José Antonio Fuertes, schließt sich dem Urteil an. „Als harten Schlag für den Fischfangsektor“, bezeichnet er die Ergebnisse von Brüssel. Noch im Vorjahr fing man 40.000 Tonnen Steinbutt. Die 8.000 Tonnen, die zukünftig vor Neufundland gefischt werden dürften, bedeuten eine Einbuße von 80 Prozent „Dies kann kein Sektor wegstecken“, sagt der Fischereisprecher. Wenn nicht nachgebessert wird, stehen 9.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, und das in Galizien, einer Region, in der die Arbeitslosigkeit ohnehin schon über den 24 Prozent des Landesdurchschnitts liegt.
Kanada dagegen würde 10.000 Tonnen gegenüber 6.000 Tonnen im Vorjahr erhalten. Der Rest der insgesamt 27.000 Tonnen, die die „Nordatlantische Fischereiorganisation“ (NAFO) für dieses Jahr genehmigte, gehen an Drittländer.
Nicht nur mit den Fangquoten ist Spanien unzufrieden. Kanada will das Gebiet nördlich des 49. Breitengrades zu seiner ausschließlichen Nutzung. In dieser „Box“ würde die Hälfte der zugesprochenen Fangquote gefischt. Für Spanien ist dies völlig unhaltbar, weil damit internationale Gewässer unter nationale Hoheit gestellt würden.
Das Fanggebiet vor Neufundland, so ist in Brüssel ausgehandelt worden, soll zukünftig mit Satelliten kontolliert werden. Auf diese Art läßt sich unstrittig feststellen, ob die Boote die kanadische 200-Meilen-Zone respektieren oder nicht. Kanada wird zukünftig auf Kontrollen außerhalb seiner Hoheitsgewässer verzichten. Diese Aufgabe fällt künftig alleine den Kontrollbooten der EU zu. Außerdem stimmte Ottawa der Rückzahlung der Kaution für den aufgebrachten spanischen Trawler „Estai“ zu. Auch die bei einer Kontrolle durchtrennten Netze der „Pescamar“ sollen bezahlt werden. Einmal mehr argumentieren die spanischen Fischer gegen das Hauptargument des Artenschutzes. Dies sei von Kanada nur vorgeschoben. José Antonio Fuertes beruft sich auf eine Studie des wissenschaftlichen Büros der NAFO, die bis zu 40.000 Jahrestonnen für unbedenklich hält. Die Quotenfestlegung auf insgesamt 27.000 Tonnen für 1995 sei „eine rein politische Entscheidung der NAFO“, so die Vorwürfe der Fischer. Ottawa habe sich mit Hilfe von Ländern durchgesetzt, die bisher nicht in der Zone fischten. So habe Rußland von der NAFO im Tausch für seine Stimme eine Quote von 3.000 Tonnen Steinbutt zugesprochen bekommen. Einmal mehr verlangt das Fischereigewerbe von der Regierung den Austritt aus dieser Organisation. González möchte es soweit nicht kommen lassen. Die Verhandlungen in Brüssel wurden gestern erneut aufgenommen. Rainer Wandler
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