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Lebenshilfe für Manager in der Fremde

■ Bremerinnen helfen: Umgesiedelte Spitzenkräfte sind nicht mehr allein auf der Welt

Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit schwelen am Kampfplatz der AufsteigerInnen bemerkenswerte Probleme. Der Aufbau von Firmenfilialen in fremden Ländern führt zu nicht immer freiwilligen Umsiedlungen der Spitzenkräfte: „Müller, übernehmen Sie Neu-Delhi!“

Herr Müller freut sich anfangs noch, aber was ist mit Frau und Kindern? Die Fragen kommen ins Gepäck, das Heulen beginnt erst vor Ort. Sprache, Kultur und das Fehlen von FreundInnen machen das Leben schwer. Auch in der Firma ist Herr Müller ein Ausländer. Noch bevor er seinen ersten Urlaub in Düsseldorf verbracht hat, sinkt sein Leistungsniveau bedrohlich ab. In Karriere und Psyche gräbt sich ein häßlicher Knick.

Das muß nicht sein. „Relocation“ heißt das Zauberwort, das in Amerika längst zum festen Bestandteil von Vertragsverhandlungen mit Spitzenkräften gehört. Übersetzt bedeutet das „Umsiedlung“, doch „das hat so einen negativen Beigeschmackt“, erklärt Patricia Veigel-Runte. Die Relocation-Expertin setzte schon ganze Firmen in nationalen wie internationalen Gefielden um. Doch meist sind es einzelne Männer, denen sie bei Wohnungssuche und Behördengängen hilft und Kontakte zu Menschen gleicher Herkunft vermittelt. Das ganze „Home-Searching-Servicepaket“ kostet etwa 5000 Mark.

Während diese Form von Relocation schon international vernetzt ist, ist das, was Veigel Runte, Monika Becht und Béatrice Hecht-El Minshawi planen, bislang bundesweit einmalig. Sie wollen den Service ausweiten: Karriereberaterin Becht will sich um die Lebenspartnerinnen der Umgesiedelten kümmern, deren Karriereknick normalerweise beim Gattenaufstieg keine Rolle spielt. Die Frau geht auf und unter im emsigen Bemühen, ihm in der Fremde ein neues Heim zu schaffen. Bei Monika Becht aber kann sie eine eigene Karriere planen. Die Beratung kostet etwa 200 Mark die Stunde.

„Unter 800 Mark am Tag mach ich gar nichts“, sagt die Sozialwissenschaftlerin Hecht-El Minshawi. Die Trainerin und Lehrbeauftragte mit Schwerpunkt interkulturelle Kommunikation eröffnete nach Aufenthalten in asiatischen und arabischen Ländern die Firma Interkultur. Sie hilft den Umgesiedelten, die Verhaltensmuster der neuen Heimat nachzuvollziehen. „Das fängt schon bei den Begrüßungsritualen an“, weiß sie. „Wir wollen die Leute nicht pampern“, ergänzt Patricia Veigel-Runte. „Es geht darum, die Menschen auf ihre neue Situation vorzubereiten.“

Schlosser auf Montage können sich diesen Service kaum leisten. Ein Manager schon eher, doch renommierte Firmen übernehmen die Kosten. Nicht immer, aber immer öfter. Hiesige Unternehmen müssen das noch lernen, und so luden die drei Bremerinnen 1000 Firmen in Norddeutschland zum Seminar „Relocation als Bestandteil visionärer Unternehmensphilosophie“ ein. Ob die Bremer und Niedersachsen das verstehen? dah

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