: Vom Müll auf die „Tafel“
■ Tilman Eimers findet: Lebensmittel sollen verteilt und nicht weggeschmissen werden
Die Idee ist einfach, die Umsetzung arbeitsintensiv: Lebensmittelreste aus Großmärkten, Supermärkten, Bäckereien und Restaurants nicht wie bisher wegwerfen, sondern einsammeln und an Obdachlose, Junkies sowie arme alte Menschen verteilen. Natürlich umsonst. Ein solches Projekt, die „Bremer Tafel“, bereitet Tilman Eimers gerade vor. „Die Idee geht zurück auf ein Hippie-Projekt in New York, das 'City-Harvest'. Die sind einfach losgezogen, haben Lebensmittel eingesammelt und dann weiterverteilt“. Tilman Eimers, 37jähriger arbeitsloser Familienvater und Hausmann hat durch einen Zeitungsartikel von der Gründung der „Hamburger Tafel“ erfahren. Seitdem versucht er, in Bremen ein ähnliches Projekt auf die Beine zu stellen. Tragen soll sich das Ganze vorläufig durch private Spenden, Sponsoren und ehrenamtliche MitarbeiterInnen. Langfristig will Tilmann Eimers daraus ein Projekt machen, in dem Langzeitarbeitslose auf ABM-Basis arbeiten können. Und am liebsten wäre ihm irgendwann ein eigenes Haus für die „Bremer Tafel“, mit Küche, Dusche und eventuell sogar mit medizinischer Betreuung.
Nach anfänglichen zähen Verhandlungen, kommt das Projekt langsam ins Rollen. „Je größer die Firma, desto schwieriger ist das. Manchmal dürfen da noch nichtmal die Mitarbeiter was mitnehmen, und wenn jemand an die Mülltonnen geht, rufen die die Polizei“, sind seine Erfahrungen. Und auch bei der Inneren Mission Bremen und dem CVJM ist er eher auf Skepsis gestoßen. So ein Projekt müsse professionell aufgezogen werden und brauche erst einmal eine gründliche planerische Vorbereitung, war dort der Tenor. Diese Haltung findet Tilman Eimers viel zu bürokratisch.
Der Naturkost-Großhandel Kornkraft Hosüne in Huntlosen und der Bremer Großmarkt haben sich seiner Idee gegenüber aufgeschlossener gezeigt: „Beim Großmarkt bleibt so viel über, das könnte ich alleine gar nicht sortieren“. Und aus Huntlosen könnte er sogar biologisch angebautes Gemüse abholen.
Damit nun auch bald in Bremen umsonst getafelt werden kann, hat Tilman Eimers jetzt versucht, private Unterstützung zu bekommen. Mit Erfolg.
Seit einem Zeitungsartikel über sein Vorhaben vom vergangenen Wochenende steht das Telefon nicht mehr still. „Der erste Anrufer machte zwar einen Aprilscherz – er wollte 1 Million Mark spenden – danach folgte aber eine ganze Reihe von tatkräftigen Angeboten“. So gibt es inzwischen ein Auto und eventuell auch ein Büro. Der Recyclinghof Findorff und die Bremer Drogenhilfe stehen mit Tips zu Beschäftigungen auf ABM-Basis zur Seite.
Verteilen will Tilman Eimers die Lebensmittel möglichst unbürokratisch. „Wer Lebensmittel braucht, der kann einfach anrufen, ich will da niemanden kontrollieren“.
Mit Willi Lemke im Rücken, den er jetzt als Schirmherrn gewinnen konnte, hofft er an weitere Bremer Firmen als Spender und Sponsoren heranzukommen. Nach Ostern sollen die ersten Touren gefahren werden und am 24. Mai wird im Bürgerhaus Weserterassen der Verein gegründet.
Seit der Vorweihnachtszeit im vergangenen Jahr sind in der ganzen Bundesrepublik Initiativen für solche Tafelrunden entstanden. Sie haben sich mittlerweile auch zu einem Dachverband zusammengeschlossen. Die älteste dieser Initiativen ist die „Berliner Tafel“, die seit zwei Jahren erfolgreich Essen auf die verschiedensten Tische bringt. Von dort geht auch der neueste Impuls aus: „Falls sich ein Hotel findet, das kostenlos Zimmer zur Verfügung stellt, wird in diesem Frühjahr die erste bundesweite Tafelrundenkonferenz stattfinden“, erzählt Tilman Eimers. Und wenn man ihn so sieht, dann glaubt man, daß sich dieses Hotel finden wird.
Elke Gundel
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