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Diepgen zahlt für Privat-TV Chinareise

■ Team von „IA“ fliegt auf Kosten der Steuerzahler Für Senatssprecher übliches Verfahren / taz geht vor Gericht

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) begleicht nicht nur brav seine Fernsehgebühren, sondern bezahlt auch Journalisten für Gefälligkeitsberichte. Wie die Senatskanzlei und der Privatsender IA bestätigten, zahlt Diepgen aus dem Landeshaushalt für Reporter und ein Kamerateam des Senders die Reisekosten und die Unterbringung im Pekinger Kempinski-Hotel – schätzungsweise 20.000 Mark. Diepgen will in der nächsten Woche in China einen Pandabären abholen und in den Berliner Zoo zu Bao-Bao bringen.

Es sei üblich, daß Journalisten bei Reisen des Regierenden Flug- und Unterbringungskosten erstattet bekommen, sagte Senatssprecher Michael-Andreas Butz. Als Beispiele nannte er Diepgens Reisen im vergangenen Jahr nach China, London und Paris.

Der taz wurden von der Diepgen-Kanzlei bislang keine Reisekosten erstattet. Auch bei der am Sonntag beginnenden Chinareise des Regierenden lehnte Butz bis Redaktionsschluß eine Gleichbehandlung aller Berliner Medien ab. Die taz wird jetzt gegen die Senatskanzlei gerichtlich vorgehen, kündigte gestern Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch an. In einem Schreiben an den Senatssprecher hieß es, die Reisekostenübernahme verstoße gegen das für den Staat bestehende Verbot, „die Presse ganz oder teilweise [...] zu steuern und so das Bild einer freien Presse substantiell zu ändern“. Darüber hinaus sei die Kostenübernahme durch die Senatskanzlei wettbewerbs- und verfassungswidrig, weil bestimmte Medienunternehmen bevorzugt würden.

Welche Medien in welcher Höhe der Regierende aus der Steuerkasse bislang bedient hat, wollte Butz nicht beantworten. Er verweigerte gestern jede Stellungnahme. Am Dienstag hatte Butz die Ankündigung einer rechtlichen Überprüfung gegenüber einem taz-Redakteur mit den Worten kommentiert: „Noch sind Sie im Senat beliebt.“

Die Wahlkampfhilfe der Lufthansa für Diepgen, über die die taz gestern berichtete, fällt größer aus als bislang angenommen. Die Fluglinie übernimmt nicht nur Kosten der 7.000 Mark teuren Flüge, sondern auch der Unterbringung von 12 Journalisten im Pekinger Kempinski-Hotel. Zu ihnen sollen der Chef von Bild Berlin, Ulf Goettgers, stellvertretende Lokalchefs und Redakteure von Berliner Morgenpost, Berliner Zeitung, Berliner Kurier,Tagesspiegel und der Welt zählen. Einem Teil der Journalisten hatte Senatssprecher Butz die Lufthansa-Tickets und die Unterkunft besorgt. Auch Berlins Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber verweigerte jede Stellungnahme: „Das geht Sie gar nichts an.“

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte von Diepgen, das schätzungsweise über 100.000 Mark teure Sponsoring der Airline abzulehnen. Andernfalls müsse er sich in Zukunft vorwerfen lassen, „von der Lufthansa geschmiert zu sein“. Abgeordnete Renate Künast sprach von Korruption. Dirk Wildt

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