■ 2000 Anschläge – Die Gastkolumne: Mehr als nur Überlebenshilfe
Kulturpolitik in Bremen – eigentlich ist sie für eine Stadt, einen Stadtstaat dieser Größenordnung kläglich. Ich will hier gar nicht erst mit Vergleichszahlen, mit Prozenten kommen, sondern eher mit Feststellungen, Vorschlägen und Forderungen. Kulturpolitik in Bremen – im Bereich der bildenden Kunst heißt das z.Zt. vor allem: Lottomittel, BSHG 19, Soziale Künstlerhilfe etc. – bestimmt habe ich noch irgendeine Hilfe nicht aufgezählt. Sei's drum, das ist ja auch alles O.K.
Nur taucht der Haushaltstitel Kunst – in einer nennenswerten Größenordnung – in der Kulturpolitik dieser Stadt überhaupt nicht auf. Man könnte zwar erwidern: Ist doch schnuppe – Hauptsache Geld. Wenn es ums nackte Überleben geht, mag das stimmen. Aber mehr ist es eben nicht. Kunst und Kultur in diesem Gemeinwesen sind aber langfristig wertvoller. Und haben eine größere Wertschätzung verdient als nur die knappe Bezahlung fürs nackte Überleben.
Bei allem Respekt für die alten Hilfs- und Fördermittel: Wir brauchen perspektivisch gesicherte und interessante Wettbewerbe; wir brauchen wichtige und über die Stadtgrenzen hinausreichende, freie Stipendien; wir brauchen eine mutige und konzentrierte Galeriearbeit, ein klares Ausstellungskonzept und vor allem einen regeren Künstleraustausch, der zum Beispiel durch Gastateliers angeregt werden müßte. Nur so, da bin ich sicher, können wir wieder mehr Menschen motivieren, kulturell aktiv zu werden und Kunst wahrzunehmen, sie zu kaufen und zu sammeln – auch junge, zeitgenössische Kunst.
Kultur ist keine Sozialhilfe, Kultur ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Staatliche Finanzierung z.B. von freien Kunstausstellungen ist daher kein Almosen, sondern hat harte Arbeit zur Folge, mobilisiert aber auch viel Ehrgeiz und Fantasie, um erneut eine Ausstellung zu entwickeln, die dann vielleicht sogar Maßstäbe setzen kann. Gäbe es hierfür einen Haushaltstitel, um Standardposten wie Büroarbeit und Ausstellungsleitung sicher finanzieren zu können, könnte hier eine Menge bewegt werden. Die Arbeit des bbk (Bund Bremer Künstlerinen und Künstler), wie sie sich u.a. im „Bremer Kunstfrühling“ niederschlägt, ist ein gutes Beispiel dafür. Klare kulturpolitische Aussagen und Angebote unsererseits bestehen. Von den politisch Verantwortlichen fordern wir: Sie sollen zeigen, daß sie vorwärts denken können und konstruktiv mit uns zusammenarbeiten wollen. Hermann Stuzmann Stuzmann ist Künstler und Mitglied des BBK
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