Der Dschungelkrieg gegen Ecuador belastet Peru

■ Seitdem die Armee sich an der Grenze tummelt, bekommen die Reste der Guerillatruppe „Sendero Luminoso“ im Koka-Anbaugebiet wieder Oberwasser

Lima (taz) – Die Wahlen in Peru finden im Zeichen des Krieges statt, in dem sich Peru vor zwei Monaten zwei Wochen lang mit dem benachbarten Ecuador herumschlug.

Ecuadorianer wie Peruaner sind nach wie vor überzeugt, daß das umstrittene Urwaldgebiet am Rio Cenepa allein ihnen zusteht. Perus Schulkinder haben inzwischen gelernt, daß 1941 nicht, wie bisher allgemein vermutet, Peru Ecuador die Hälfte seines Territoriums abknöpfte, sondern daß vielmehr Ecuador sich auf Kosten Perus vergrößert hat.

Welche der beiden Kriegsparteien bei der bewaffneten Auseinandersetzung mehr verloren hat, ist schwer zu sagen. Die peruanische Armee hat jedenfalls mehr Tote zu beklagen und verlor mindestens vier Kampfflugzeuge und ebenso viele Hubschrauber. Die wurden nicht abgeschossen, wie Informanten mit Zugang zu Militärkreisen versichern, sondern stürzten aus Altersschwäche ab – ein Argument mehr für die Armeeführung, die seit Jahren eine Aufstockung des Verteidigungsbudgets und eine allgemeine Solderhöhung fordert. Allein die Materialerneuerung und Modernisierung des Arsenals würde rund 800 Millionen Dollar kosten – mehr als ein Fünftel der jährlichen Exporterlöse.

Der Tourismus, eine wichtige Devisenquelle für die peruanische Wirtschaft, hat nach offiziellen Angaben durch den Konflikt in der entlegenen Nordostregion keinen nennenswerten Einbruch erlebt. Es waren Warnsignale an der Börse, die Fujimori Mitte Februar dazu zwangen, einen Waffenstillstand zu erklären, ohne sein Kriegsziel, die Einnahme der umstrittenen Militärbasis Tiwinza, erreicht zu haben. Dadurch wurde seine Glaubwürdigkeit empfindlich untergraben. Die Opposition – von Perez de Cuellar bis zum Kandidaten der Vereinigten Linken – fand eine neue Achillesferse des Staatschefs und fordert seitdem die effektivere Verteidigung der peruanischen Souveränität.

Jahrelang hatte Präsident Fujimori die Landesgrenzen militärisch unterbesetzt gehalten, um die Armee voll im Kampf gegen die Guerilla einzusetzen. Für die Gefechte gegen Ecuador mußte er jetzt seine im Urwaldkrieg erfahrenen Einheiten aus dem Alto Huallaga, einem der wichtigsten Koka- Anbaugebiete, abziehen.

Das zog sofort wieder die längst zurückgedrängten Truppen des maoistischen „Sendero Luminoso“ an, der dort jahrelang operierte und den Drogenhändlern gegen saftige Zahlungen militärischen Schutz anbietet. Nun fühlt sich die Guerilla dort wieder so stark, daß sie für den Wahltag in Tingo Maria, der wichtigsten Stadt der Region, einen „bewaffneten Streik“, also die Sabotage des Urnengangs, ankündigte. Ralf Leonhard