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IWF-Kredit trotz Krieg und Defizit

■ Nach langer Verzögerung gewährt der Internationale Währungsfonds das Darlehen für Rußland / Der Krieg in Tschetschenien interessiert den IWF dabei weniger als die politische Stabilität in Moskau

Berlin (taz) – Nach monatelangem Zögern hat IWF-Präsident Michel Camdessus den Überweisungsauftrag unterzeichnet. Insgesamt 6,8 Milliarden Dollar kann die Regierung in Moskau in diesem Jahr in Washington abrufen. Der Betrag ist im russischen Haushalt für 1995, der Mitte März endgültig verabschiedet wurde, bereits verplant: Zwei Fünftel des Defizits sollen damit bezahlt werden. „Ich glaube, Rußland steht vor einem Wendepunkt bei der Lösung seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten“, begründete Camdessus die Entscheidung.

Zwar sei der russische Versuch, die Inflation in der zweiten Jahreshälfte auf ein Prozent im Monat zu senken „kühn und ehrgeizig“ – denn zur Zeit verliert der Rubel monatlich etwa 20 Prozent seines Werts. Und auch die geplante Senkung des Haushaltsdefizits um fast die Hälfte sei nicht einfach. Aber der IWF glaube, daß Rußland 1995 entscheidende Fortschritte bei der Stabilisierung und Strukturreform der Wirtschaft erreichen werde, versicherte Camdessus.

Immerhin gibt es in Rußland inzwischen ein Gesetz, das es der Regierung verbietet, die Haushaltslöcher mit neuen Scheinen aus der Notenpresse zu stopfen. Außerdem soll das Defizit des Staatshaushalts in diesem Jahr 5,6 Prozent des Bruttosozialprodukts nicht überschreiten, versicherten die Vertragspartner in Moskau. Schließlich wird auch der Wechsel an der Spitze der Privatisierungsbehörde im Sinne der IWF-Leute sein: Seit Ende Januar hat dort der Reformer Pjotr Mostowoi die Zügel in der Hand. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Polewanow will er die Privatisierung der devisenbringenden Rohstoff- und Energieindustrie vorantreiben und auch Ausländer als Käufer zulassen. Das hören auch die internationalen Ölkonzerne gerne.

Der Tschetschenien-Krieg, den Camdessus' Unterhändler noch zu Jahresanfang aus haushaltspolitischen Gründen kritisiert hatten, war jetzt für den IWF offenbar kein Hindernis mehr. Dabei ist nach wie vor unklar, was der Militäreinsatz kosten wird. Der Krieg taucht allerdings nicht im offiziellen Haushalt auf, sondern wird aus einem Sonderfonds finanziert. Ob der IWF an seine optimistische Wirtschaftsprognose für Rußland glaubt, ist schwer einzuschätzen. Deutlich ist jedoch, daß es ihm in erster Linie um eine Stabilisierung im Kreml geht.

Die optimistischen Worte sollen die Reformer stärken und abgeschreckte Investoren wieder anlocken. Hatten sie im letzten August noch 500 Millionen Dollar in Rußland angelegt, waren es in diesem Januar nur noch 25 Millionen. Auch die in diesem Jahr fälligen Westkredite hätten ohne das IWF- Geld nicht umgeschuldet werden können. Annette Jensen

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