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„Kindern einen Knüppel in den Rachen gesteckt“

■ Türkei-Rückkehrer berichten über Terror / „Kurdistan wird entvölkert“

Frankfurt am Main (taz) – Gründonnerstag wollten sie eigentlich wieder zu Hause sein, die Feiertage in Deutschland verbringen. Ostern allerdings verbrachten sie in diesem Jahr zwangsweise im Sicherheitsgefängnis von Diyarbakir, Abteilung „Terrorbekämpfung“. Statt bunter Eier mußten sie sich üble Beschimpfungen aus dem Mund des türkischen Militärs gefallen lassen: „Dreckshund“ und „Hure“ hörten sie in den letzten fünf Tagen am meisten. Die elf am Sonntag in Südostanatolien festgenommenen Menschenrechtsaktivisten aus Darmstadt sind wieder in Deutschland. Äußerlich unversehrt und wohlbehalten, im Innern voller Zorn über die militärischen und diktatorischen Methoden der türkischen Regierung.

Die Gruppe war mit einem ortskundigen Fahrer im türkisch-irakischen Grenzgebiet unterwegs gewesen. Das Ziel der elf war die Teilnahme als stille Beobachter bei einem Prozeß gegen Mitglieder der Menschenrechtsorganisation IHD. Schon zu Beginn der Reise, noch vor der Demonstration im kurdischen Dorf Silvan am Sonntag, machten sie Bekanntschaft mit der Willkür der türkischen Uniformierten. Peter Senger, Sprecher der dem „Newroz-Koordinationsbüro“ in Frankfurt am Main nahestehenden Delegation, berichtete, der Mann am Steuer sei bei einer Straßenkontrolle von vier Polizisten brutal verprügelt worden – für diese Attacke gab es keinen ersichtlichen Grund. Auf allen Straßen habe es eine massive Präsenz von deutschen BTR-Panzern und Soldaten gegeben, die Kalaschnikow-Gewehre umgeschnallt hatten.

Befreundete Menschenrechtler hätten ihnen, so Senger, vorgerechnet, daß in der Region Diyarbakir 300 von 400 Dörfern dem Erdboden gleichgemacht worden seien. „Der Invasionskrieg im Nordirak ist längst auf die Osttürkei herübergeschwappt“, zitierte das Delegationsmitglied Beate Rudolph einen Vertreter der gemäßigten kurdischen Partei HADEP, der Nachfolgepartei der verbotenen DEP. Um die angeblichen PKK-Stellungen im Nordirak ginge es gar nicht mehr wirklich. Ministerpräsidentin Tansu Çiller fahre eine internationale Ablenkungsstrategie. Die wahre Intention der Militäraktion sei, „die Osttürkei mit doppelter Härte gefügiger zu machen“. Die ländlichen Gebiete Kurdistans würden regelrecht entvölkert, so Beate Rudolph.

Demonstriert hatten die elf Darmstädter nach eigenen Angaben aus spontanem Entschluß in Silvan. Sie hatten am Tag zuvor das gerade zerstörte kurdische Dorf Kuruncaiyr besucht, noch rauchende Häusertrümmer gesehen. Laut Peter Senger hätten Dorfbewohner von Mißhandlungen durch die türkische Armee berichtet. Über die erlittenen Verletzungen existierten Video- und Fotoaufnahmen. Alle Männer unter 50, etwa 70 bis 80 Personen, seien nach Silvan abtransportiert und dabei geschlagen worden. Den Kindern seien Knüppel in den Rachen geschoben und ihnen sei gesagt worden, sie würden unmittelbar darauf erschossen. Einer Frau und mehreren anderen Kurden sei befohlen worden, sich auszuziehen. Man habe sie dann durch ein Schlammloch gezogen. Sie sollten gestehen, PKK-Anhänger zu sein.

Der diplomatische Druck aus Bonn hat lediglich eine schnelle Abschiebung nach Deutschland bewirkt, vor Übergriffen der Sicherheitskräfte [wieso „Sicherheits“kräfte? Verhaftete scheinen vor ihnen doch nicht „sicher“ zu sein. d.sin] waren die Deutschen allerdings nicht geschützt. Als sich zwei Frauen aus der Delegation weigerten, in der Haft eine Gesundheitsuntersuchung mitzumachen, wurden sie geohrfeigt und mit Fußtritten traktiert. Den anderen sei bei den Einzelverhören massiv mit Folter gedroht worden. Franco Foraci

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