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Auf der Suche nach drei Männern mit Bart

■ Die Ähnlichkeit zum Anschlag auf das New Yorker World Trade Center ist groß / Islamisten distanzierten sich allerdings von der Bombe von Oklahoma

Auch Washington wird seit Mittwoch von dem Bombenanschlag beherrscht. Um und in den Regierungsgebäuden wurden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Mitarbeiter mußten ihre Lunchpakete auspacken, Besucher ihre Taschen, während die Polizei mit Hunden Lieferwagen nach Bomben absuchte.

Im Weißen Haus kündigte derweil Bill Clinton mit versteinerter Miene eine gigantische Suchaktion nach den Tätern an. Er versprach eine schnelle Verhaftung der „teuflischen Feiglinge“. Er werde es nicht zulassen, daß „die Bürger dieses Landes eingeschüchtert werden“. Justizministerin Janet Reno versprach die Todesstrafe für die Attentäter.

Doch gestern morgen hüllte sich das FBI, das die Ermittlungen leitet, in Schweigen. Allerdings tauchten immer wieder Gerüchte auf, man suche derzeit nach zwei oder drei „arabisch aussehenden Männern“, die kurz vor dem Bombenanschlag aus einem Motel in Oklahoma City abgereist seien.

Auf islamische Fundamentalisten konzentrierten sich auch die Spekulationen der zahlreichen Journalisten und Experten, die bei Live-Übertragungen aus Oklahoma City zu Wort kamen. Das Attentat auf das World Trade Center in New York vor zwei Jahren, bei dem sechs Menschen getötet worden waren, war von ähnlicher Machart. Die Bombe von Oklahoma City soll mit Plastiksprengstoff, Dynamit oder einer Kombination von Ammoniumnitrat und einer anderen Substanz gebaut worden sein.

Vor Ort ermittelt inzwischen jenes Polizeiteam, das im Keller des World Trade Center nach drei Tagen akribischer Ausgrabungen ein Karosseriestück mit der Fahrzeugnummer des Bombenautos gefunden hatte. Die Spur führte zu islamischen Fundamentalisten aus dem Umkreis eines ägyptischen Klerikers mit Sitz in New Jersey.

Das FBI hatte in den letzten Monaten verstärkte Aktivitäten islamischer Studenten in Oklahoma City, Kansas und Dallas registriert. Bei Versammlungen sollen auch Vertreter der palästinensischen „Hamas“ und des „Dschihad“ gesprochen haben. Hamas hat sich allerdings nach Berichten von CNN von dem Anschlag in Oklahoma City distanziert.

Weitere Vermutungen über die Täter ließen sich bis Donnerstag vormittag nur auf Grundlage der Opfer des Anschlags anstellen: Das „Alfred P. Murrah“-Gebäude beherbergte mehrere Bundesbehörden, die durchaus als Terrorziele in Frage kommen, darunter das „Bureau for Alcohol, Tobacco und Firearms“ (ATF), das in den USA Waffenlizenzen und -händler kontrolliert.

Das ATF-Büro gab Anlaß für Spekulationen in eine andere Richtung. Vor genau zwei Jahren, am 19. April 1993, war im benachbarten Bundesstaat Texas die wochenlange Belagerung der christlichen Sekte der „Davidianer“ durch FBI- und ATF-Beamte zu Ende gegangen – mit einem kollektiven Massenselbstmord der Sektenmitglieder unter ihrem Führer David Koresh. 70 Menschen starben. Doch Experten erklärten es gestern für unwahrscheinlich, daß Sympathisanten der „Davidianer“ eine solche Aktion organisieren und durchführen könnten.

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