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FDP gegen Bürgermeister-Direktwahl

■ Niedersachsen-Parteitag sorgt sich um Einfluß der Kleinen

Delmenhorst Die Kommunen in Niedersachsen sollen nach dem Willen der FDP weiterhin von einem ehrenamtlichen Bürgermeister und einem hauptamtlichen Verwaltungschef geleitet werden. Während des Landesparteitag in Delmenhorst lehnte die derzeit nicht im Landtag vertretene FDP am Samstag die Einführung der sogenannten eingleisigen Spitze für Städte und Gemeinden mit großer Mehrheit ab. Die Eingleisigkeit ist von der SPD bereits beschlossen worden und in der CDU noch umstritten.

Ebenfalls keine Mehrheit fand unter den Delegierten der Antrag, die Bürgermeister künftig direkt von den Einwohnern und nicht mehr vom Rat wählen zu lassen. Nach Ansicht der Gegner einer Direktwahl würde dadurch die Bedeutung der einzelnen Ratsmitglieder erheblich geschmälert. Sie warnten vor einer „Präsidialdemokratie auf kommunaler Ebene“. Gegen die Eingleisigkeit wurde vorgebracht, daß dadurch die bewährte Machtbalance zwischen Politik und Verwaltung zerstört würde. Befürworter sahen dagegen in Direktwahl und Eingleisigkeit Chancen für mehr Bürgernähe und ein Ende des Kompetenzgerangels zwischen Bürgermeistern und Verwaltungschefs.

Einstimmig wiesen die rund 300 Delegierten das Ansinnen von SPD und CDU zurück, bei Kommunalwahlen für die Berechnung der Sitzverteilung das Hare-Niemeyer-Verfahren durch das von d'Hondt zu ersetzen. FDP-Chef Walter Hirche warf den großen Parteien vor, sie wollten sich dadurch einen „Machtvorsprung“ verschaffen. Kleinen Parteien und Einzelbewerbern würden voraussichtlich 20 bis 25 Prozent der Mandate entzogen. Damit würden SPD und CDU „die Axt an die Wurzel demokratischer Vielfalt und Offenheit auf kommunaler Ebene legen“.

Die Landes-FDP sprach sich auch gegen eine Senkung des aktiven Wahlalters auf 16 Jahre aus, wie sie die SPD beschlossen hat.

Die Delegierten nahmen fast einstimmig ein „liberales Programm für Niedersachsen“ an. Darin sprechen sie sich dafür aus, den Staat durch Entbürokratisierung, die Verringerung der Zahl von Ministerien sowie den Abbau öffentlicher Aufgaben und Stellen in der Verwaltung schlanker und handlungsfähiger zu machen. Steuern und Abgaben sollen gesenkt, die Verschuldung des Landes zurückgefahren und die Mittel für Schulen und Hochschulen aufgestockt werden.

Michael Goldmann, der Vorsitzende der Parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft der FDP, warf der Landesregierung eine „schädliche, schändliche und verlogene Bildungspolitik“ vor. Ihr Bildungsabbau werde katastrophale Folgen haben. dpa

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