: Fischöl in Hochglanzdosen
■ Apollinaris schenkt uns die Fit-Brause zum Fun-Blatt ein
Das Buch zum Film, das T-Shirt zum Konzert, das Computerspiel zum Comic kennen wir schon länger. Hier ist etwas Neues: das Getränk zur Zeitschrift. In Zusammenarbeit mit dem Mineralwasserabfüller Apollinaris Brunnen AG bringt in diesen Tagen die Verlagsgruppe Milchstraße eine Brause namens „Fit for fun“ auf den Markt.
Namenspate der Limo ist die Zeitschrift Fit for fun, die seit einem Jahr die deutschen Bungee- Springer, Mountainbiker, Drachenflieger und andere „Erlebnissportler“ mit fitten Informationen versorgt. Auf der Dose, die jeden Monat neu gestaltet wird, ist das Cover des aktuellen Hefts abgebildet. Auch der Inhalt ändert sich regelmäßig: In der ersten „Ausgabe“ der Zeitschrift zum Trinken gibt es einen Orangen-Karotten-Drink, der mit DHA (Docosahexaenioc- Acid) angereichert ist – kein chemischer Kampfstoff, sondern eine aus Fischöl gewonnene Substanz aus Japan.
Neue „Fitneßdrinks“ mit Vitaminen, Mineralien, Koffein sollen dann für jede „Edition“ neu zusammengemischt werden – „interaktiv“ in Workshops mit den Konsumenten. 1995 will man von der Brause 100.000 Hektoliter verkaufen – mit Riesenwerbedruck: Für das erste Jahr ist für die Aktion ein Werbeetat von acht Millionen Mark vorgesehen; damit werden Anzeigen in Fit for Fun und Max (ebenfalls aus der Verlagsgruppe Milchstraße) geschaltet, im Mai soll auch Rundfunkwerbung dazukommen. Das Getränk wird pro Dose um die 2,50 Mark kosten.
Das paßt alles sehr schön zusammen: Die Verlagsgruppe Milchstraße ist ein boomendes Unternehmen, weil dessen Zeitschriften zielgruppengenau für die werbetreibende Industrie maßgeschneidert wurden: sie richten sich allesamt an junge, gutsituierte „Ultraconsumer“ – die die hausbackenen Apollinaris-Getränke sonst im Regal stehen lassen.
Darum wird der Limo-Deal keinem der Beteiligten sauer aufstoßen: Apollinaris, weil jede neue Ausgabe von Fit for fun die Brause bewirbt und dem Unternehmen ein progressiveres Image gibt. Die Verlagsgruppe Milchstraße, weil jede Dose ihre Zeitschrift bewirbt. Und die deutschen Sportidioten können sich freuen, weil ihnen die Energy-Drinks wie Red Bull oder Flying Horse langsam zu den Ohren rauskommen dürften.
Was in den Dosen des „Performance Drinks“ tatsächlich drin ist, ist dabei nebensächlich. Es geht lediglich darum, den Trinkern den Eindruck zu vermitteln, daß es irgendwie gesund ist. Apollinaris- Vorstand Helmut Prahl in einem Interview mit der Werbezeitschrift Horizont: „Wir werden [...] eine Zutat nehmen, die sich an irgendeiner Sehnsucht [...] oder an irgendeinem Trend festmacht.“ Tilman Baumgärtel
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