: Sozialistischer Etappensieg
■ Jospin gegen Chirac heißt es nach dem ersten Wahlgang um die französische Präsidentschaft
Paris (taz) – Der Endspurt um den Elysée-Palast in Frankreich hat begonnen – das von vielen befürchtete Rechts-rechts- Duell bleibt aus: Seit gestern konkurrieren ein Sozialist – Lionel Jospin – und ein Neogaullist – der langjährige Pariser Bürgermeister Jacques Chirac – um das Präsidentenamt. Beide treten als Kandidaten einer „echten Wende“ an. Bis zum entscheidenden zweiten Wahlgang am 7. Mai will jeder von ihnen den Franzosen klarmachen, daß er den Bruch mit der Vergangenheit repräsentiert. Ihr Abschneiden hängt unter anderem davon ab, welche Wahlempfehlung der Rechtsextremist Jean-Marie Le Pen aussprechen wird, der im ersten Wahlgang 15 Prozent der Stimmen bekam und damit viertstärkster Politiker Frankreichs bleibt.
Der Wahlgang am Sonntag mit neun KandidatInnen war eine Zitterpartie der spannendsten Art. Relativ früh schon stand die größte Überraschung des Abends fest, die sämtliche Meinungsumfragen widerlegte: Der Sieg des 57jährigen Jospin mit 23,3 Prozent der Stimmen. Nicht einmal seine UnterstützerInnen hatten ihm das zugetraut. Das Duell zwischen dem Neogaullisten Chirac und seinem Parteifreund, Regierungschef Edouard Balladur, hingegen verlief knapper, bis feststand, daß Chirac, der als absoluter Spitzenreiter gehandelt worden war, mit nur 20,8 Prozent der Stimmen in den Endspurt gehen kann. Damit bekam er nicht einmal zwei Punkte mehr als Balladur (18,58 Prozent). Überraschend war auch das gute Abschneiden der linken KandidatInnen: Der Kommunist Robert Hue bekam 8,64 Prozent, die Trotzkistin Arlette Laguiller 5,3 Prozent und die Grüne Dominique Voynet 3,32 Prozent der Stimmen. Der bis vor wenigen Wochen völlig unbekannte Kandidat der US-finanzierten rechtslastigen Politsekte „Nouvelle Solidarité“, Jacques Cheminade, machte immerhin 0,28 Prozent der Stimmen. Und der rechtsnationale Kandidat Philippe de Villiers, der gegen Abtreibung, Korruption und Europa Kampagne gemacht hatte, bekam 4,74 Prozent der Stimmen.
Das konservative Lager, das quantitativ entschieden stärker ist als das linke, will nun mit vereinten Kräften einen neuerlichen sozialistischen Präsidenten verhindern. Dorothea Hahn
Seiten 3 und 10
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