: Freibrief für Krumsiek
■ Balsam-Ausschuß erhärtet Vorwürfe gegen Düsseldorfer Landesregierung
Düsseldorf (taz) – Der sozialdemokratische Ministerpräsident Johannes Rau hat gestern seinem im Zusammenhang mit der Balsam- Affäre erheblich belasteten Justizminister Rolf Krumsiek (SPD) einen Persilschein erster Klasse ausgestellt. Knapp drei Wochen vor der Landtagswahl am 14. Mai bescheinigte Rau seinem langjährigen Weggefährten während der Landtagsdebatte über den Abschlußbericht des Balsam-Untersuchungsausschusses, er gehe „tadelsfrei aus dieser Affäre hervor“. Deshalb werde er den Justizminister, der bei der Landtagswahl nicht mehr kandidiert, auch nicht entlassen. Dies hatte die Opposition wiederholt gefordert.
Die Pleite des ostwestfälischen Sportbodenherstellers zählt mit einem Gesamtschaden von rund 2,5 Milliarden Mark zu den größten Wirtschaftsverbrechen der Nachkriegsgeschichte. Im Dezember 1992 erhielt die Bielefelder Staatsanwaltschaft eine detaillierte Anzeige, doch eineinhalb Jahre lang geschah fast nichts – trotz sehr konkreter Hinweise auf die betrügerischen Machenschaften. Ein auf eigene Faust ermittelnder Kriminalbeamter der Bielefelder Polizei wurde von den Anklägern immer wieder zurückgepfiffen, selbst dessen eindeutig belastenden Ermittlungsergebnisse wurden monatelang ignoriert. Als der grüne Landtagsabgeordnete Michael Vesper von der Sache Wind bekam und Krumsiek per kleiner Anfrage um Aufklärung bat, teilte der Minister am 26. 7. 1994 schriftlich mit, von einer „verzögerlichen Bearbeitung“ des Balsam-Skandals durch seine Staatsanwälte könne keine Rede sein, den Ermittlern hätten nur „pauschale Anschuldigungen“ vorgelegen. Die Antwort war selbst nach Einschätzung der Düsseldorfer SPD-Fraktion „aus heutiger Sicht teilweise objektiv falsch“.
Während die SPD die Falschdarstellung gestern als unbeabsichtigtes Versehen darzustellen versuchte, sprachen Grüne und CDU mit Blick auf die eindeutigen Ergebnisse des Untersuchungsausschusses von „bewußter Täuschung“. „Sie hatten“, so Vesper in Richtung Krumsiek, „sämtliche Informationen und haben sie bewußt verschwiegen.“ Walter Jakobs
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