: Alle zwei Monate muß ein neuer Castor her
■ Günter Langetepe, Techniker im AKW Philippsburg, will weiter transportieren
taz: Der Castor ist angekommen. Glauben Sie, daß es der letzte war?
Günter Langetepe: Soweit Sie das Jahr 1995 damit meinen, kann ich das bestätigen.
Aber längerfristig rechnen Sie mit weiteren Transporten?
Wenn das ein einmaliger Transport wäre, dann hätten wir sicher nicht so hartnäckig auf der Durchführung des Transportes bestanden. Wir beabsichtigen mittelfristig, von der Wiederaufarbeitung umzusteigen auf die direkte Endlagerung mit der dazu notwendigen Zwischenlagerung.
Wieviel Atommüll fällt da allein im AKW Philippsburg an?
Wenn die Umstellung auf Endlagerung komplett ist, dann müßten wir für beide Blöcke fünf Transporte pro Jahr durchführen.
Denken Sie, daß Atomkraft in Deutschland politisch noch durchsetzbar ist?
Die Zeit arbeitet da sehr für uns, und die Einsicht in der Bevölkerung, daß wir an der Nutzung der Kernenergie nicht vorbeikommen, gewinnt mehr an Oberhand.
Die Proteste gegen den Castor sind doch deutlich?
Deutschland muß ein Industriestaat sein. Und in den Nachbarländern wird die Kernenergie in hohem Maße genutzt. Ich will außerdem verweisen auf die Situation im Fernen Osten, wo pro Jahr zur Zeit fünf bis sechs neue Kernkraftwerke in Betrieb genommen werden. Und dann das Stichwort Klima: Die Kernenergie ist die einzige Art der Stromerzeugung im größeren Maßstab, die eine CO2- freie Nutzung erlaubt.
Gorleben ist ja keineswegs groß genug, um den bisher schon existierenden Atommüll aufzunehmen. Und wenn nicht nur Ihr AKW, sondern alle anderen auch fleißig weiterproduzieren, wo soll der Atommüll denn langfristig hin?
Die Mengen an hochradioaktiven Abfällen, also die abgebrannten Brennelemente, erfordern eine derart geringe Lagerkapazität, daß über die nächsten fünfzehn Jahre die beiden vorhandenen Lager Gorleben und Aarhaus in Deutschland dazu ausreichen. Darüber hinaus hoffe ich, daß die Politiker endlich einsehen, daß das Endlager für hochradioaktive Abfälle – sprich das Salzlager in Gorleben – erschlossen wird und dann nach der Jahrtausendwende genutzt werden kann.
Fünfzehn Jahre sind keine Ewigkeit.
Unser Konzept sieht vor, daß die Brennelemente nach einer Zwischenlagerung von etwa zwanzig Jahren dem Endlager in Gorleben zugeführt werden können.
Aber wenn Sie immer weiter produzieren, weiß irgendwann keiner mehr, wohin damit.
Nein, die Mengen sind ganz klar überschaubar. Fünfzehn Jahre reicht die bestehende Zwischenlagerkapazität, wie gesagt, aus. Danach müßte sie entweder erhöht werden, oder man sorgt endlich dafür, daß das Endlager in Gorleben in Betrieb gehen kann, was bisher ja von der niedersächsischen Landesregierung verhindert wird.
Wie lange wird es dauern, bis das Endlager Gorleben voll ist?
Die Salzstöcke haben ein derartig großes Volumen, daß wir die Kernenergie sicherlich fünfzig Jahre oder noch darüber hinaus betreiben können. Da gibt es praktisch keine Kapazitätsgrenze.
Ministerpräsident Schröder will 28 Millionen Mark für den Polizeieinsatz. Lohnt sich der Transport da noch?
Von uns wird Herr Schröder das Geld nicht bekommen. Dafür fehlt unsereres Erachtens jede rechtliche Grundlage. Interview: Annette Jensen
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