Krieg kennt keine Gentlemen

■ 50 Jahre nach der Eroberung der Stadt sind britische Veteranen zu Gast in Bremen

„Der 27.April war ein schöner warmer Tag, wir lagen vor Bremen“, erinnert sich Robert Fife. „Ich hörte unsere Bomber über uns im Anflug auf die Stadt. Plötzlich dachte ich: Mein Gott, sie werfen U-Boote ab! Es waren riesige Zehn-Tonnen-Bomben, die da auf die Stadt regneten.“

Von der Bremer Innenstadt blieb nur Schutt und Asche erinnert sich Fife, der als Offizier des „49th Royal Tank Regiment“ am Abend in Bremen einzog. Dieses Bild bot sich den britischen Truppen überall an diesem 27.April, an dem um 18 Uhr offiziell die Besatzungszeit begann und der Krieg damit endete: Allein in der letzten Woche vor dem Kriegsende starben noch 220 deutsche Soldaten und 540 Zivilisten, weil die Nazi-Führung die Stadt bis zur letzten Patrone verteidigen ließ.

Genau 50 Jahre nach diesem 27. April sitzt Robert Fife zur Teezeit im Kaminsaal des Bremer Rathauses. Zusammen mit 25 weiteren Veteranen der 2. britischen Armee und dem ersten amerikanischen Stadtkommandanten Farrell Lowe ist er auf Einladung Bremens an die Weser gekommen. Viele sind zum ersten Mal seit Kriegsende in der Stadt, die sie damals mühsam und unter Verlusten einnahmen und heute als „beautiful city“ loben. „Es gab starken Widerstand einer fanatischen Einheit der Kriegsmarine“, erinnert sich auch George Arnold vom 7th Royal Tank Regiment. „Es ging um die Seehäfen und die U-Boote.“ Leise erzählt er von der Aufgabe seiner „special unit“, an deren Panzern Flammenwerfer montiert waren, die wirksamer und gefürchteter als Kanonen waren, weil sie die Gegner bei lebendigem Leib verbrannten.

Haß auf die Deutschen? Da schütteln die alten Männer ihre weißhaarigen Köpfe. Die Deutschen seien „gute Soldaten“ gewesen. Dann allerdings erzählt George Arnold von den erbitterten Kämpfen an der Aller und das Bild vom fairen Krieg unter Gentlemen bekommt plötlich Risse: „20 Kameraden vom Welsh Regiment wurden von einer SS-Einheit gefangengenommen und erschossen.“ Auch an der niederländischen Grenze hatten die Briten extrem viele Tote zu beklagen.

Das Kriegsende am 5.Mai 1945 war George Arnolds 21.Geburstag. „Ein schönes Geschenk“, meint er. Jung waren er und seine Kameraden, zwischen 18 und 21 die meisten. „Wenn man es heute betrachtet, sieht man, daß da eine ganze Generation ausgelöscht wurde.“ Auch für George Spence war die Nachricht von der deutschen Kapitulation, die er mit seiner Einheit bei Bremervörde hörte, eine große Erleichterung. „Wir haben nicht jubiliert oder in die Luft geschossen oder so. Wir dachten alle nur: Gott sei dank, es ist vorbei.“ Eines hätten die jungen Soldaten vor lauter Freude aber doch getan, erzählt Spence: Sie schraubten die Maschinengewehre von ihren Truppentransporten ab und warfen sie in den Straßengraben: „Das waren sowieso nicht unsere, die gehörten den Kanadiern.“

In Bremen selbst sahen die Soldaten zuerst nicht viel von der Bevölkerung. Die saß im Bunker und außerdem gab es das Verbot, mit Deutschen zu reden. „Aber daran haben wir uns nicht gehalten“, meint Robert Fife. „Wir hatten diesen verdammten Krieg geführt, da ließen wir uns hinterher nicht von den Herren sagen, mit wem wir reden durften oder nicht.“

Ein anderer Soldat notierte über seine ersten Eindrücke aus dem besiegten Bremen: „Die einst stolze Stadt war ein Scherbenhaufen, die Häuser und Geschäfte total verwüstet, Trümmer überall. Schneiderpuppen lagen auf dem Gehsteig wie Leichen und verstärkten das makabre Bild, Zivilisten plünderten, sie waren vielleicht befreite Gefangene, die sich rächten, aber niemand kümmerte sich darum. dieser Teil von Bremen war verwüstet, aber ich erinnerte mich an die Schäden un das Leid, das der deutsche Blitzkrieg angerichtet hatte und die Szene berührte mich nicht. Was für eine dumme Verschwendung der Krieg war.“ bpo