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Camdessus IWF-Kasse bleibt leer

■ Industrieländer wollen zunächst weiter prüfen, ob der Internationale Währungsfonds mehr Geld braucht

Washington (dpa) – IWF-Chef Michel Camdessus hat kein frisches Geld in die Kasse bekommen. Der Interimsausschuß des Internationalen Währungsfonds hat ihn auflaufen lassen. Camdessus Pläne zur deutlichen Aufstockung des IWF-Kapitals und zur Beschaffung anderer Finanzierungsmittel wurden aufgrund des Widerstandes einiger großer Industrieländer aufgeschoben. Der oberste Steuerungsausschuß des Weltwährungsfonds hatte auf der Frühjahrstagung des IWF und der Weltbank in Washington getagt.

Statt dessen wird nun weiter geprüft. Der Ausschuß wies das IWF-Management in der Nacht zum Donnerstag an, zu untersuchen, ob die Mittelausstattung des Weltwährungsfonds nicht doch ausreichend sei.

Die Liquiditätsposition des Fonds wurde als „gegenwärtig ausreichend“ bezeichnet – trotz der hohen Ausgaben für Mexiko und des in den nächsten zwei Jahren erwarteten Liquiditätsrückgangs.

Der Interimsausschuß, in dem nur 24 Finanzminister die Interessen aller 179 Mitgliedsländer vertreten sollen, wies statt dessen das IWF-Management an, die Mitgliedsstaaten in Zukunft besser zu überwachen. Damit sollen Finanzkrisen nach mexikanischem Muster bereits im Ansatz erkannt und eingegrenzt werden. Der Fonds mußte angesichts des Mexiko-Debakels seinen bisher größten Kredit von 17,8 Milliarden Dollar bereitstellen und sich unzureichende Überwachungsmaßnahmen vorwerfen lassen.

Die jetzt aufgeschobenen Pläne zur Mittelbeschaffung des IWF sahen vor, daß das IWF-Kapital durch eine Verdopppelung der Mitgliedsländerquoten um 100 Prozent aufgestockt werden sollte. Auch eine Ausweitung der Allgemeinen Kreditvereinbarung (AKV), einer seit 1962 existierenden Kreditlinie von elf großen Industrieländern und Saudi-Arabien, war vorgesehen. Sie hat derzeit ein Volumen von 29 Milliarden Dollar und könnte nach den Vorstellungen einiger Länder durch höhere Beiträge der jetzigen Mitglieder und durch Hinzugewinnung neuer finanzstarker Staaten verdoppelt werden. Auch ist eine hohe Neuzuteilung von sogenannten Sonderziehungsrechten (SZR), einer künstlichen Reserveeinheit des Internationalen Währungsfonds, im Gespräch.

Gestern wollte sich der gemeinsame Entwicklungsausschuß der Weltbank und des IWF mit Entwicklungsländerproblemen befassen. Ein Plan, einen Teil der Goldreserven des IWF zu verkaufen, um damit Kredite an die ärmsten Entwicklungsländer subventionieren zu können, scheint an Unterstützung gewonnen zu haben. Dabei sollen sechs Prozent der IWF- Goldreserven verkauft werden, wodurch etwa 2,4 Milliarden Dollar für die ärmsten Drittweltstaaten hereinkommen würden.

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