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Öffentlichkeit unerwünscht

■ Der Bündnisgrüne Such eckt in der Parlamentarischen Kontrollkommission an / Vorwurf von Geheimnisverrat

Berlin (taz) – Geheimdienstkritiker unerwünscht: Der Parlamentarischen Kontrollkommission des Bundestages (PKK) ist ihr Mitglied Manfred Such suspekt. Erstmals ist ein Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen im erlauchten Kreis der Geheimdienstkontrolleure, und schon heißt es, nichts geht mehr, seit der Such dabei ist – Feierabend.

Der CSU-Mann Michael Glos etwa wirft dem Geheimdienstkritiker vor, mit Journalisten über Vertrauliches aus der PKK geplaudert zu haben. Jetzt müsse man diese „in ihrer Substanz retten“. In der Bundestagsdebatte am Mittwoch mußte sich Such ähnliches von Koalition und Sozialdemokratie vorhalten lassen. Die PKK-Mitglieder Struck (SPD) und Hirsch (FDP) zweifelten gar, ob die Kontrolle der Geheimdienste noch gewährleistet sei.

Das schlimme Vergehen des Gescholtenen : Er nutzte am 20. April während einer PKK-Sitzung den Gang zur Toilette für ein kurzes öffentliches Statement. Sinngemäß erklärte er, der Sitzungsverlauf bestärke ihn in seiner Auffassung, der eigenen Fraktion zur Aufklärung der ominösen Plutoniumaffäre einen Untersuchungsausschuß zu empfehlen. PKK- Mann Hirsch daraufhin: „Wir haben zu Beginn der Sitzung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß nach den gesetzlichen Bestimmungen die Sitzung der PKK vertraulich ist und daß auch die öffentlichen Bewertungen der Zustimmung einer Zweidrittelmehrheit bedarf.“ Der Kollege Such habe trotzdem geplaudert. Und: „In die Sitzung zurückgekehrt hat er sich geweigert, auf Befragen dazu irgendeine Erklärung abzugeben.“

Vorgehalten wird dem Neuen unter den neun Kontrolleuren auch, Thema, Ort und Zeitpunkt von ach so geheimen PKK-Sitzungen verraten zu haben. Und daß er auch schon mal ankündigte, welche Anträge er zu stellen gedenke.

Der Untersuchungsausschuß zur Plutoniumaffäre ist zwischenzeitlich eine beschlossene Sache. SPD und Koalitionsparteien haben angeregt, PKK-Mitglieder dort außen vor zu halten. Weil: Die Arbeit im Ausschuß könnte mit der Verschwiegenheitspflicht der PKK kollidieren. Eine lex Such. Merkwürdig nur, daß sich die PKK bei ihrer letzten Sitzung dem Plutoniumschwindel gar nicht mehr so recht widmen wollte, eben weil ein Untersuchungsausschuß dies jetzt machen soll. Der Gescholtene wird dann aber wieder dabeisein: Fraktionsversammlung und Fraktionsvorstand bestätigten, daß die Fraktion Manfred Such und Rezzo Schlauch als dessen Stellvertreter in den Ausschuß schicken wird. Wolfgang Gast

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