piwik no script img

Angeklagter wollte Türken „nur erschrecken“

■ Im Solinger Prozeß bekennt sich der 18jährige Christian R. zur Alleintäterschaft

Düsseldorf (taz) – 91 Prozeßtage schwieg Christian R. sich im Solinger Mordprozeß über seinen eigenen Tatbeitrag aus. Gestern nun kam die Wende. Über seinen Verteidiger Götz Reuken bekannte sich der 18jährige, der bei Prozeßbeginn vor einem Jahr lediglich erklärt hatte, seine drei Mitangeklagten seien an der Tat nicht beteiligt gewesen, vor der 6. Strafkammer des Düsseldorfer Oberlandesgerichts zur Alleintäterschaft. Ohne fremde Unterstützung habe er das Haus der Familie Genç in der Nacht zum Pfingstsamstag 1993 mit Hilfe von Zeitungen in Brand gesetzt. Dabei sei es seine Absicht gewesen, die in seiner unmittelbaren Nachbarschaft lebenden Türken „nur zu erschrecken“, weil ihn das „Geplärre“ der türkischen Kinder oft geärgert habe. Bei dem Brand waren fünf türkische Frauen und Mädchen auf grausame Weise ums Leben gekommen.

Christian R. war nach einem Hinweis aus der Nachbarschaft schon wenige Stunden nach der Tat verhaftet worden. Gegenüber einem Nachbarjungen hatte er unmittelbar vor der Tat angekündigt, „das Türkenhaus wird bald brennen“. Immer wieder hatte er die Polizei seit seiner Verhaftung mit neuen Geständnisvariationen genarrt. Zunächst bezichtigte er mehrere ihm namentlich unbekannte Skins der Täterschaft. Aufgrund der genauen Beschreibungen schrieb das BKA die Skins per Phantombilder zur Fahndung aus. Doch schon bald flog der Schmu auf, denn einer der benannten Glatzen saß zur Tatzeit bereits hinter Gittern. Danach gab sich Christian R. als Einzeltäter aus. Als zwei Tage später der Mitangeklagte Markus Gartmann gestand, sie hätten zu viert die Tat begangen, bestätigte auch Christian R. diese Version. Während Felix K. und Christian B. seit ihre Verhaftung jegliche Tatbeteiligung bestreiten, wiederholte der 25jährige Markus Gartmann zunächst auch vor Gericht sein Geständnis. Erst vor wenigen Wochen widerrief er dies. Walter Jakobs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen