Doppelmord kaltblütig geplant

■ Polizei schließt den Fall des Bankräubers und Mörders Wagner ab

Der Doppelmord an zwei Bankangestellten in Lesum war ein kaltblütig geplantes Verbrechen. Das ist eine Erkenntnis, die die Bremer Polizei eineinhalb Wochen nach dem Selbstmord des Bankräubers Karl-Heinz Manfred Wagner in Amsterdam zieht. Gestern klappte die Kripo den Aktendeckel Wagner zu,. Wieviel Wagner noch auf dem Kerbholz hat, das ist noch nicht raus. „Es haben sich verschiedene Polizeien gemeldet“, erzählte Wolfgang Rau, Chef der Bremer Mordkommission. Sicher sei, daß sich Wagner unmittelbar nach der Tat in Lesum gleich wieder an die Planung weiterer Überfälle gemacht habe. Von der Bremer Beute fehlt weiterhin jede Spur.

Wagner war kein unbeschriebenes Blatt. Freiheitsstrafen von insgesamt 21 Jahren und 10 Monaten hatte der 44jährige auf dem Buckel, erzählte Staatsanwalt Frank Repmann. Gewaltdelikte, Betrügereien, Urkundenfälschungen – den größten Teil seiner Einkünfte hatte sich Wagner in den letzten Jahren über Kontoeröffnungsbetrügereien beschafft. Und das schien nicht wenig zu sein. „Alles nur vom Feinsten“, beschrieb die Polizei gestern die Amsterdamer Wohnung Wagners. In der Lesumer Filiale der Volksbank war Wagner schon am Morgen des Tattages aufgetaucht. Diese beiden Besuche und seine längeren Aufenthalte in Bremen Nord haben dann auch zu vielen Hinweisen geführt.

Schon nach den ersten Veröffentlichungen in den Medien hatte sich die Polizei vor Anrufen kaum retten können. „Das war ein richtiges Verwaltungsproblem für uns“, sagte gestern Mordkommissar Rau. Die BremerInnen schienen von dem Verbrechen elektrisiert zu sein, nicht zuletzt auch von den 200.000 Mark Belohnung, die die Volksbank ausgesetzt hatte.

Der entscheidende Tip auf die Wohnung Wagners kam allerdings aus dessen Umfeld. Als der Täter feststand , hatten sich die ErmittlerInnen ganz auf Familie, Freunde, Bekannte und ehemalige Mithäftlinge konzentriert – mit Erfolg. Schon am Ostermontag kannten die PolizistInnen Wagners Adresse in Amsterdam. Und sie wußten noch mehr. Wagner hatte in seinen Kreisen angekündigt, daß er jede unliebsame ZeugIn erschießen, und daß er sich vor einer Verhaftung lieber selber die Kugel geben würde.

Die Amsterdamer Polizei mußte Wagners Wohnung fast eine Woche lang observieren, bis der sich da sehen ließ. Dann ging alles sehr schnell. Der Versuch einer Spezialtruppe der niederländischen Polizei, die Wohnungstür aufzusprengen, verzögerte sich. Für Wagner blieb genug Zeit, sich dieselbe Pistole, mit der er die beiden Bankangestellten hingerichtet hatte, selbst an den Kopf zu setzen. „Vielleicht ganz gut“, kommentierte gestern ein Kripobeamter. „Da hätte noch eine Menge passieren können.“ Die Polizei fand neben der Tatwaffe noch einen großkalibrigen Revolver mit 300-400 Schuß Munition und einen Schießkugelschreiber.

„Ausgesprochen gefährlich“, so das Fazit Raus über Wagner. Unmittelbar nach der Bremer Tat war Wagner nämlich im niederländisch-belgisch-deutschen Grenzgebiet umhergereist und hatte schon den nächsten Überfall vorbereitet. Gereist war Wagner mit einem Auto, das er in Eindhoven gemietet hatte, und zwar mit den Papieren eines der beiden Bremer Bankangestellten, die er ein paar Tage zuvor erschossen hatte. In Wagners Wohnung fand die Polizei einen Brief, den er offensichtlich dazu benutzen wollte, unbehelligt zum Filialleiter der nächsten Bank vorzudringen: Unter dem Briefkopf des BKA wollte sich Wagner als Kripo-Mann in der „SoKo Wagner“ einschleichen. Um dann das zweite Schreiben über den Tisch zu schieben: Geld her, kein Wort, „höre über Ohr Polizeifunk ab“, und „bei präpariertem oder zu wenig Geld räche ich mich persönlich“. J.G.