: Trost und Mahnung
■ In der Musikhalle vereinte das „War Requiem“ die ehemaligen Kriegsgegner
Gleich im ersten Kriegsjahr zerstörten deutsche Bomber die Kathedrale von Coventry. Bei ihrer Neueinweihung 1962 wurde das War Requiem von Benjamin Britten uraufgeführt – Mahnung und Trost zugleich. Am Sonnabend erklang das Werk für zwei Chöre, zwei Orchester und drei Solisten in internationaler Besetzung in der Musikhalle.
Das Hauptorchester, das die Musikhochschule aus Wroclaw stellte, begleitete den großen Chor der Altonaer Singakademie, der von der Stadtkantorei St. Marien aus Husum unterstützt wurde. Monika Frimmer, Sopran, sang hier die Solopartien. Tenor und Bariton – Ian Bostridge und Thomas Landers – wurden dagegen vom Kammerorchester des Konservatoriums St. Petersburg begleitet. Auf dem Balkon im Oberrang, den Erwachsenen gegenüber, war der „Boys' Choir“ aus Coventry postiert.
Britten durchbricht im War Requiem den lateinischen Text der katholischen Totenmesse mit Gedichten des englischen Poeten Wilfred Owen, die die Grauen des Krieges beschreiben. Der Wechsel der Sprachen erzeugt eine starke Spannung, die das ganze Werk durchzieht. Der Trost, den das Requiem spenden will, wird immer wieder gestört von apokalyptischen Versen. Über allem schwebt der cantus firmus des Knabenchors mit seinen überirdisch wirkenden, hellen Stimmen.
Ein so komplexes Werk aufzuführen ist eine anspruchsvolle Aufgabe, der wohl nur professionelle Musiker gewachsen sind. Die SängerInnen der Altonaer Singakademie, aber auch die MusikerInnen der beiden Musikhochschulen wirkten bei allem Engagement durchweg überfordert. Die zarten Stimmen des Knabenchors drangen von ihrem entfernten Posten kaum bis ins Parkett. Da stellt sich die Frage, warum es zum 50. Jahrestag des Kriegsendes einem Laien-Ensemble überlassen blieb, dieses schwierige Stück Erinnerung zu bewältigen. is
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