NPD-Tagung an polnischer Grenze

■ Der Parteichef Günter Deckert nahm in Görlitz ganz „zufällig“ an einer Vertriebenen-Gedenkveranstaltung teil

Görlitz (taz) – Angeblich „zufällig“ tauchten NPD-Chef Günter Deckert und ein Dutzend weiterer Rechtsextremisten am Sonntag bei einer Gedenkveranstaltung des Bundes der Vertriebenen in Görlitz, unmittelbar an der Grenze zu Polen, auf. Einer Mitteilung des NPD-Bundesvorstandes zufolge hatte sich die Parteiführung zu einer Vorstandssitzung getroffen, einen Tag vor dem 8. Mai demonstrativ in der niederschlesischen Stadt.

An der Zusammenkunft mit Deckert nahmen mindestens zehn Mitglieder des „Nationalen Jugendblock Zittau e. V.“ teil, einer Organisation, die ein von der Kommune zum Vorzugspreis gepachtetes Vereinshaus unterhält und sich für „sinnvolle Freizeitgestaltung im Sinne des nationalen Grundgedankens“ engagiert. Für die Verfassungsschutz-Chefin Mathilde Koller fällt der NPD eine zentrale Funktion unter den „nichtmilitanten, rechtsextremistischen Organisationen“ in Sachsen zu. Außer in Görlitz war Deckert auch in Königstein und Leipzig aufgetreten, aus Kollers Sicht „mit einem für die NPD enttäuschenden Ergebnis“.

Auf Flugblättern, die bei dem Vertriebenentreffen verteilt und in Görlitz, Zittau und anderen Städten geklebt wurden, fordert die Neonazi-Partei: „Schluß mit der Befreiungs-Lüge!“ Der Leiter des Schlesischen Heimatzentrums und BdV-Vorsitzende von Görlitz, Karl Hoffmann, der Deckert mit Handschlag begrüßte, sah keinen Grund, als Veranstalter die Neonazis des Platzes zu verweisen. Deckert, erklärte Hoffmann der taz, habe zugesichert, dem Gedenken zum 50. Jahrestag der Vertreibung „keinen Schaden zufügen“ zu wollen. Er habe mit seinen Parteigängern „einen separaten Termin“ in der Neißestadt. Das Vertriebenentreffen finde „in einem öffentlichen Biergarten“ statt, „die Herren“ Rechtsextremisten, die sich am Rande des Platzes niedergelassen hatten, „verhalten sich doch ruhig; jeder will leben“.

Deckert ist nach dem Mannheimer Skandalurteil in einer erneuten Verhandlung vom Landgericht Karlsruhe am 21. April wegen Leugnung des Massenmordes an den Juden zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Deckert ging in Berufung. Detlef Krell