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Angst vor tödlicher Tropenepidemie in Zaire

■ Forscher vermuten Ausbruch des Ebola-Fiebers hinter dem qualvollen Durchfalltod von hundert Menschen / Stadt mit 300.000 Menschen abgeriegelt

Washington/Genf (AFP/dpa/ taz) – Ist im zentralafrikanischen Riesenstaat Zaire das berüchtigte Ebola-Fieber ausgebrochen? Die zentralzairische Stadt Kikwit, in der 300.000 Menschen leben, ist von den Behörden unter Quarantäne gestellt und abgeriegelt worden, nachdem etwa hundert Menschen an einer blutigen Durchfallerkrankung starben. Ein US-Expertenteam soll jetzt in die Stadt reisen, um die Ursache festzustellen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO wurden erste Blutproben an das belgische Institut für Tropenmedizin in Antwerpen geschickt worden, um sie auf den Ebola-Virus zu untersuchen. Da dieses Institut jedoch keine angemessenen Analysen liefern könne, seien die Proben weiter nach Atlanta, USA geschickt worden. „Näheres können wir erst in 24 Stunden sagen“, erklärte gestern WHO-Sprecherin Lindsay Martinez in Genf.

Das nach einem kleinen Fluß im äußersten Norden Zaires benannte Virus ist für eine der grausamsten Tropenkrankheiten der Welt verantwortlich. Die Infizierten sterben an inneren und äußeren Blutungen, während sich ihre inneren Organe in Flüssigkeit verwandeln. Laut Giorgio Torrigiani von der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es keine Heilmittel oder Impfmöglichkeiten. Das Virus verursachte 1976 in Nzara im Südsudan und in 55 Dörfern am Ebola-Fluß in Nordzaire eine Epidemie mit mehr als 500 Todesopfern. Wissenschaftler fanden heraus, daß sich in beiden Ländern je eine einzige Person vermutlich an Affenfleisch angesteckt hatte, die Seuche sich rasant ausbreitete und dann plötzlich wieder „abtauchte“. Der Erreger ähnelt dem Marburg- Virus, das durch Affentransporte aus Uganda nach Deutschland geriet und an dem in den 60er Jahren vier deutsche Forscher in Marburg starben. 1989 raffte dieser Erreger Affen in einem Tierhaus in den USA dahin, woraufhin Soldaten in luftdichten Spezialanzügen die Forschungstiere töteten.

In Afrika tauchte das Ebola-Virus in November 1994 wieder auf. Wie das Wissenschaftsmagazin Science berichtete, hatte sich eine Forscherin aus der Schweiz beim Sezieren eines Schimpansen an der Elfenbeinküste infiziert. Im vergangenen Februar starben zudem mehrere Dutzend Menschen an einer blutigen Durchfallkrankheit in der Nähe der zairischen Hauptstadt Kinshasa.

International berüchtigt geworden ist das Virus durch den derzeit in Deutschland zu sehenden Kinofilm „Outbreak“ von Wolfgang Petersen sowie durch Richard Prestons Thriller „Hot Zone“, der laut dem Horrorschriftsteller Stephen King „die grauenerregendsten Geschehnisse, von denen ich je gelesen habe“, beschreibt. Das Ebola- Virus ist viel ansteckender als etwa der Aids-Erreger, denn es kann sich durch die Luft verbreiten. Zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Krankheit vergehen vier bis 16 Tage. Den Ursprung der Virusfamilie, dem die Marburg- und Ebola-Viren samt ihren Unterarten angehören, vermuten Forscher seit neuestem in der Kitum- Höhle im Mount Elgon an der Grenze zwischen Kenia und Uganda, da Menschen, die sich dort aufgehalten haben, mehrfach mit den geschilderten Symptomen in kenianische Krankenhäuser eingeliefert worden sind.

Schon 1976 war befürchtet worden, daß die Seuche sich schnell in Zentralafrika ausbreiten würde, da es fast nirgends in dieser Region ein funktionierendes Gesundheitswesen gibt und die WHO aus Zaire ohnehin jedes Jahr Cholera- und Pestepidemien meldet. Nach WHO-Angaben wird eine rasche Ausbreitung des Virus jedoch dadurch gebremst, daß durch die kurze Inkubationszeit die Menschen sehr schnell von Fieber befallen werden, was sie hindere, sich fortzubewegen und das Virus weiterzutragen. D.J.

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