Rot-Grün in Düsseldorf Modell für Bonn

■ Scharping ziert sich noch ein wenig, doch Lafontaine und Schröder verlangen Rot-Grün in Bremen und NRW / Bremens Bürgermeister Wedemeier schmeißt hin / Rau schweigt über seine Zukunft

Bonn (taz) – Am Tag nach den Wahlerfolgen der Grünen in Nordrhein-Westfalen und Bremen zierte sich die SPD in Bonn gestern noch, ihr Verhältnis zu den Bündnisgrünen neu zu bestimmen. Obwohl in Düsseldorf kein Weg an einer rot- grünen Regierungsbildung vorbeiführt, hat Ministerpräsident Johannes Rau gestern keine Entscheidung über seine politische Zukunft getroffen. SPD-Chef Rudolf Scharping sah nach einer Präsidiumssitzung keine Notwendigkeit, den bundespolitischen Kurs seiner Partei auf Rot-Grün festzulegen. Allerdings hat eine mögliche Rot-Grün-Regierung in Düsseldorf für Scharping Modellcharakter: Falls es in Nordrhein-Westfalen zu einer rot-grünen Koalition komme, werde deren Arbeit über die Möglichkeit eines rot-grünen Reformbündnisses in Bonn entscheiden. Eine große Koalition sei „alles andere als erstrebenswert“. Es sei der Wunsch des Präsidiums, daß Rau wieder als Ministerpräsident antrete. Raus Entscheidung werde aber „nicht so schnell passieren, wie das manche erwarten“. Eine Koalitionsaussage auf Bundesebene will die SPD nach den Worten Scharpings nicht vor 1997 treffen.

In Bremen trat gestern abend Bürgermeister Klaus Wedemaier (SPD) zurück. Er zog damit die Konsequenzen aus seinem Wahldebakel. Die SPD in Bremen hatte am Sonntag mit 33,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegszeit erlitten. Die Optionen in der Hansestadt lauten nun Rot-Grün oder eine SPD- CDU-Koalition.

Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder und sein saarländischer Amtskollege Oskar Lafontaine hatten sich schon am Morgen für ein rot-grünes Bündnis in NRW und in Bremen ausgesprochen. Dies sei schließlich die Konstellation, die die Wähler wünschten, sagte Schröder.

Noch bevor SPD-Chef Scharping vor die Presse trat, war in Düsseldorf ein gewisser Gesinnungswandel festzustellen. Der als Gegner einer rot-grünen Koalition bekannte Johannes Rau erklärte, daß er vor der Wahl ein Bündnis mit den Grünen nicht völlig ausgeschlossen habe.

Die Bündnisgrünen betonten gestern in Bonn, daß sie in beiden Bundesländern zu einer Koalition mit den Sozialdemokraten bereit seien. „Wir haben alle Wahlziele erreicht und stehen nun vor sehr schwierigen Verhandlungen mit der SPD“, sagte die Vorstandssprecherin der NRW-Grünen, Barbara Steffens. Ihre Partei sei bereit, sowohl mit Rau als auch mit einem möglichen Nachfolger zusammenzuarbeiten. Der ehemalige Bremer Senator Ralf Fücks forderte von den Sozialdemokraten „eine klare Richtungsentscheidung“, denn mit einer „Wackelpartei“ könne in Bremen angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse nicht regiert werden. Von einem „dramatischen Einschnitt in die Parteienlandschaft“ sprach der Sprecher der Bündnisgrünen im Bundesvorstand, Jürgen Trittin. Fraktionschef Joschka Fischer mahnte die Sozialdemokraten, jetzt „endlich auf eine klare rot-grüne Oppositionsstrategie zu gehen“.

Für Bundeskanzler Kohl hat das miserable Abschneiden der FDP bei den Wahlen keine Konsequenzen für die Bonner Regierungspolitik. Er gehe davon aus, daß die FDP weiterhin ihren Beitrag zu einer erfolgreichen Koalition leisten werde, sagte er gestern. Er hat den Liberalen aber zu einer Neuorientierung in bestimmten Bereichen – etwa bei Fragen der inneren Sicherheit – geraten.

Deren Parteichef Klaus Kinkel will aus den Wahlniederlagen seiner Partei keine persönlichen Konsequenzen ziehen und weiter Vorsitzender bleiben. Mit einer Personaldiskussion komme die FDP nicht aus der Krise, sondern rutsche tiefer hinein, sagte Kinkel nach einer FDP-Präsidiumssitzung. Karin Nink