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Liberaler Optimismus

■ Landesvorsitzender Rexrodt verspricht Wiedereinzug der FDP / Harte Kämpfe bei Kandidatenwahl an diesem Sonntag

Günter Rexrodt ist Optimist. Seine Partei werde nach den Wahlen im Oktober wieder ins Abgeordnetenhaus einziehen, verkündete der Bundeswirtschaftsminister und FDP-Landesvorsitzende gestern zuversichtlich. Zwei Tage nach dem Wahldebakel der Liberalen in Bremen und Nordrhein- Westfalen prognostizierte Rexrodt für den 22. Oktober ein Ergebnis von „deutlich über fünf Prozent“. Die Wähler in Berlin wollten die Große Koalition ablösen. Also könne eine rot-grüne Regierung nur gemeinsam von CDU und FDP verhindert werden.

Die Union sei für den Landesvorstand aufgrund größerer Gemeinsamkeiten „Wunschpartner“. Während der Wirtschaftsliberale ein Regierungsbündnis mit der SPD für denkbar hielt, schloß er hingegen eine Ampelkoalition definitiv aus.

Die Koalitionsaussage des Landesvorstandes zugunsten der Union löste unterdessen intern heftige Diskussionen aus. Selbst aus CDU-Kreisen, so hieß es innerhalb der FDP, hätten sich nach der Ankündigung Anrufer gemeldet und sich über die Offerte „kaputtgelacht“. Unglücklich über den Vorstoß des Vorstandes zeigte sich auch der linksliberale Abgeordnete Jürgen Biederbick, der als Kandidat für die Landesliste antritt. Statt sich auf die inhaltlichen Themen zu konzentrieren, werde nun eine „unnötige Debatte“ losgetreten.

Völlig offen ist der Ausgang der Landeswahlversammlung am kommenden Sonntag in der Ostberliner Kongreßhalle. Ab Platz 5 der Landesliste, so hieß es gestern aus FDP-Kreisen, werde es „ein Hauen und Stechen geben“. Bei einem Ergebnis von fünf Prozent – derzeit liegt die FDP in allen Umfragen deutlich darunter – gelten die ersten acht Plätze als sicher. Mit „Querschüssen“ wird vom rechten Flügel gerechnet, der sich auf 65 bis 90 von ingesamt 350 Stimmen der Landeswahlversammlung stützen kann. Selbst Vertreter des nationalliberalen Kurses wie der Abgeordnete Wolfgang Mleczkowski müssen um ihre Wiederwahl fürchten. In rechten Kreisen der Partei wird ihm vorgeworfen, „in opportunistischer Weise“ vom 8.-Mai-Aufruf abgerückt zu sein. Mleczkowski hatte sich wenige Tage nach der durch den Abdruck in der FAZ ausgelösten Debatte zwar nicht inhaltlich, wohl aber von Mitunterzeichnern aus dem rechtsextremen Spektrum distanziert. Der Aufruf war auch vom Landesausschuß der FDP mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Rexrodt hat mit Susanne Thaler aus Zehlendorf (Platz 3) und dem Abgeordneten Burkhard Cornelius aus Lichtenberg (Platz 8) zwei konservative Wunschkandidaten angemeldet. Für den linksliberalen Flügel wird auf den vordersten Plätzen der stellvertretende Landesvorsitzende Jürgen Dittberner (Platz 1 oder 2) gehandelt. Geringe Chancen werden dem ausländerpolitischen Sprecher der Fraktion, Thomas Seerig, eingeräumt, der auf Platz 4 antreten soll. Dirk Wildt/Severin Weiland

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