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Kohl soll aussagen

■ Plutonium-Ausschuß kostituiert

Berlin (taz) – Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hat gestern den Untersuchungsausschuß zur Aufklärung des Plutoniumschmuggels vom August letzten Jahres konstituiert. Die elf Ausschußmitglieder sollen klären, wer, wann und was über den Transport von über 363 Gramm hochgiftigem und waffenfähigem Plutonium mit einem Flugzeug von Moskau nach München gewußt hat. Im Zentrum der Ausschußarbeit wird der Vorwurf stehen, daß der ominöse Plutoniumdeal von den deutschen Sicherheitsbehörden selbst inszeniert wurde. Das Gremium soll weiter klären, ob es überhaupt einen Abnehmermarkt für entsprechendes Kernwaffenmaterial in der Bundesrepublik gibt.

Nach dem Willen der Oppositionsparteien sollen der Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer (CDU), die Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes und des Bundeskriminalamtes, Konrad Porzner und Hans-Ludwig Zachert, sowie der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) und Justizminister Hermann Leeb als Zeugen vernommen werden. Bündnis 90/Die Grünen fordern darüber hinaus die Einvernahme von Bundeskanzler Kohl und seinem Kanzleramtsminister Friedrich Bohl.

Parteipolitisches Gezänk im Ausschuß deutete sich bereits gestern an: Für die CDU versuchte unterdessen deren Abgeordneter Joachim Gres erneut, den unbequemen Geheimdienstkritiker Manfred Such (Bündnisgrüne) aus dem Ausschuß zu kicken: Suchs gleichzeitige Mitgliedschaft im Untersuchungsausschuß und in der geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollkommission brächte ihn angeblich in einen „unauflösbaren Interessenwiderstreit“. Gres kündigte auch an, den SPD-Vorsitzenden Rudolf Scharping und SPD-Bundesgeschäftsführer Günther Verheugen vernehmen zu lassen. Beide Oppositionspolitiker hätten den Eindruck erweckt, daß sie Erkenntnisse über die Vorgänge hätten. Der SPD- Abgeordnete Otto Schily warnte die Bundesregierung davor, den Ausschuß durch Geheimhaltung „ins Leere zu führen“. In Bonn wird damit gerechnet, daß der Ausschuß seine Arbeit nicht vor Ablauf eines Jahres beendet. wg

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