: Immobilienhai immobil gemacht
■ Jürgen Schneider sitzt fest, sein Geld aber auch Noch ist unklar, wann er ausgeliefert wird
Berlin (taz/AFP/rtr) – Ausgerechnet vor einer Bank wurde der seit einem Jahr gesuchte Baulöwe Jürgen Schneider eingefangen. Am Donnerstag nachmittag um 15.30 Uhr Ortszeit nahmen ihn FBI- Beamte in Miami fest. Wenig später führten sie auch Schneiders Frau Claudia in Handschellen ab.
Schneider wurde seit letztem Sommer mit Haftbefehl über Interpol gesucht, weil ihm Kreditbetrug in drei Fällen und Steuerhinterziehung vorgeworfen werden. Zusätzlich war vor ein paar Tagen noch betrügerischer Bankrott hinzugekommen. Der Frankfurter Unternehmer soll Mietverträge und Bauunterlagen gefälscht und so Banken mehrere Milliarden Mark abgeluchst haben. Allein die Deutsche Bank wurde um 1,2 Milliarden Mark geprellt – woran sie wegen der Gutgläubigkeit ihrer Mitarbeiter keineswegs schuldlos ist. Insgesamt steht der Frankfurter Unternehmer mit 6,7 Milliarden Mark bei Banken und Handwerkern in der Kreide.
Vor ein paar Tagen hatte Schneider über seinen Schweizer Rechtsanwalt eine Kassette ans ZDF schicken lassen. Es war das erste Lebenszeichen seit seiner Flucht im April letzten Jahres. Darin wirft er der Deutschen Bank vor, die Hauptverantwortliche für das Finanzdebakel zu sein. Im Laufe von Jahren „wurden uns, einem einzelnen Ehepaar, zirka sechs Milliarden Mark ausgezahlt“. Die Grundstücke und Immobilien aber hätten die Banken bewertet. „Wir konnten hier einzig und allein doch unsere Vorstellungen äußern“, sagte Schneider und formulierte anschließend den Wunsch, unbelastet von einem Haftbefehl nach Deutschland zurückkehren zu können.
Die Kassette wurde dem Ehepaar, das unter falschem Namen in Florida lebte, zum Verhängnis. BKA-Beamte verfolgten den Kurier, der das Band in die Schweiz gebracht hatte, auf seinem Rückweg in die Vereinigten Staaten.
Nach BKA-Angaben muß noch ein offizieller Auslieferungsantrag gestellt werden. Wie ein Sprecher des Bonner Justizministeriums mitteilte, wurde schon 1994 in den USA vorsorglich ein Antrag zur „vorläufigen Inhaftnahme zum Zwecke der Auslieferung“ gestellt. Dieser Antrag sei die Rechtsgrundlage dafür, daß Schneider nun bis zu vierzig Tage in den USA im Gefängnis festgehalten werden könne. Falls die deutschen Beweismittel noch länger geprüft werden müßten, könne diese Frist noch einmal um zwanzig Tage verlängert werden. Während dieser Zeit müßte laut BKA das Auslieferungsersuchen gestellt werden. Schneider kann danach noch Beschwerde dagegen einlegen.
Schneiders Schweizer Millionen sitzen jedoch trotz seiner Verhaftung weiter fest. Auch nach der Festnahme könne der 61jährige die Auslieferung der 232 Millionen Mark verzögern, sagte ein Sprecher des Schweizer Justizministeriums gestern.
Die deutschen Behörden hatten sich gestern nach Angaben des zuständigen Schweizer Richters Claude Wenger noch nicht mit ihm in Verbindung gesetzt. Selbst wenn die Schweizer Justiz allerdings die Auslieferung der Gelder beschließt, könnte Schneider dagegen jahrelang bis vors oberste Schweizer Bundesgericht prozessieren und so die Übergabe verzögern. Der philippinische Exdiktator Marcos ist in dieser Beziehung seit neun Jahren erfolgreich. Seite 3
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