: „Dollars sind wie Opium geworden“
■ Teheran verbietet den freien Handel mit Devisen / Auch Exportgeschäfte betroffen
Teheran/Berlin (AFP/taz) – Wer dieser Tage in Teheran US- Dollars kaufen oder eintauschen will, steht vor verschlossenen Türen. Die Wechselbüros haben geschlossen oder verweigern den Umtausch.
Die iranische Regierung hatte am Donnerstag den freien Devisenmarkt im Land abgeschafft, jeglicher Handel außerhalb der staatlichen Banken wurde verboten. Der Wechselkurs zum US-Dollar wurde auf maximal 3.000 Rial festgelegt – weniger als die Hälfte seines bisherigen frei gehandelten Kurses. Die Regierung verpflichtete zudem Exporteure, ihre Deviseneinnahmen vollständig in Rial umzuwechseln. Bisher war ein Zwangsumtausch von 50 Prozent vorgeschrieben. Von der neuen Regelung sind Ölproduzenten ausdrücklich ausgenommen. Ölexporte bilden die größte Einnahmequelle Irans.
Im Teheraner Finanzviertel Ferdossi, wo sonst zahlreiche Geldwechsler an den Straßen stehen, patrouillierten am Wochenende Polizisten. Wer illegal tauschte, wurde festgenommen. Die drastische Maßnahme soll den Sturz der iranischen Währung auffangen. Seit Jahresbeginn hatte der Rial fast zwei Drittel seines Werts verloren. Nachdem US-Präsident Bill Clinton Anfang Mai ein Handelsembargo für US-Firmen gegen den Iran verhängt hatte, war er auf 7.000 Rial für einen US-Dollar gesunken, gegenüber 2.600 Rial Anfang des Jahres. Die Preise für Grundnahrungsmittel explodierten. Im April protestierten BewohnerInnen der Armeleutesiedlungen im Süden Teherans. Die Regierung ließ die Demonstrationen blutig niederschlagen.
In den wenigen offenen Wechselstuben hingen am Wochenende die neuen Kurse aus, getauscht wurde jedoch nicht. „Wir bekommen keine Dollars von der Zentralbank“, erklärte ein Devisenhändler. Der Schwarzmarkt ließ nicht auf sich warten: Am Sonntag florierte im Bazar das heimliche Geschäft mit dem Dollar.
„Dollars sind wie Opium geworden. Es gibt sie überall, aber keiner sieht sie“, sagt einer der offiziellen Wechsler, der untätig in seinem Büro sitzt. Der Schritt in die Illegalität ist für ihn gefährlich: In der vergangenen Woche wurde die Todesstrafe für „Wirtschaftssaboteure“ eingeführt.
Auch bei Unternehmern, die Auslandsgeschäfte machen, löste das Verbot Entsetzen aus. „Ich werde meine Kunden verlieren“, klagt ein Händler. Ein Exportunternehmer berichtet, daß die meisten Verträge mit ausländischen Abnehmern auf der Basis von 5.000 bis 6.000 Rial für einen US- Dollar kalkuliert worden seien. „Wenn die Händler nun ihre Devisen bei der Zentralbank für 3.000 Rial eintauschen müssen, werden sie ein Vermögen verlieren.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen