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Millionengeschenke für lebende Leiche

■ Die Sportstadt Berlin würde gern auferstehen und verpulvert dafür viel Geld an Großveranstalter

Wenn es um Berlin als Sportstadt von internationalem Rang geht, läßt der Senat Millionen sprudeln – trotz eines Milliardendefizits im Landeshaushalt. Über einen kräftigen Geldsegen darf sich das Sport- und Freizeitspektakel „Gymnaestrada“ freuen, das vom 9. bis 15. Juli in Berlin stattfindet. Rund 10 Millionen Mark hat die Senatsverwaltung für Sport als Zuwendung zugesagt.

Ursprünglich sollte das Mammutereignis, für das sich bislang 20.000 Teilnehmer aus 36 Ländern angemeldet haben, in Frankfurt am Main stattfinden. Doch die chronisch verschuldete Stadt sagte aus finanziellen Gründen ab. Daraufhin half Berlins Sportsenator Jürgen Klemann (CDU) kurzerhand den beiden Ausrichtern, dem Deutschen Turnerbund und der internationalen Gymnastikorganisation FIG, aus der Zwickmühle. Diese Turn- und Gymnastikshow sei für die Hauptstadt eines der „wenigen Großereignisse dieses Jahres und wird daher von uns vorbehaltlos unterstützt“, so der Sprecher der Senatsverwaltung für Sport, Andreas Moegelin.

In den Genuß der Millionenspritze kommt hauptsächlich die landeseigene Messe GmbH. Bis auf einige Aktivitäten in der Innenstadt – unter anderem am Alex – wird das Sportfestival weitgehend auf dem Gelände und in den Hallen rund um den Funkturm stattfinden.

Mit ihren prestigeträchtigen Großveranstaltern hat die Senatsverwaltung für Sport bislang wenig Erfolg. Nicht nur in sportlicher, auch in finanzieller Hinsicht. Mehr und mehr entpuppt sich die am 14. Mai zu Ende gegangene Box-Weltmeisterschaft der Amateure als Flop. Zu viele Kämpfer in den Vorrunden und Bratwurstgestank in den Wandelhallen der Deutschlandhalle vergraulten während der 11tägigen Veranstaltung die Besucher. „Peinliche Pannen, rührendes Benehmen, Heidenchaos“, urteilte die FAZ. Nun muß voraussichtlich der Steuerzahler das Mißmanagement der Organisatoren bezahlen.

Der Deutsche Amateur-Boxverband (DABV) blieb auf mehreren tausend Eintrittskarten sitzen. Von prognostizierten 15.000 Tickets wurden kaum mehr als die Hälfte verkauft. Statt vorgesehener 440.000 Mark flossen nach Angaben des DABV 200.000 Mark in die Kassen. Zusätzliche Fehlkalkulationen bei den Sponsoren – minus 60.000 Mark – reißen nunmehr ein Loch von insgesamt 300.000 Mark in den Weltmeisterschafts- Finanzetat.

DABV-Schatzmeister Günter Seith hofft zwar, die Verluste durch die kostengünstigen Übernachtungen für die rund 700 Sportler und Funktionäre ausgleichen zu können. Im Notfall werde man jedoch einen Nachschlag von Bund und Land einfordern. „Wir gehen davon aus, daß man uns nicht im Regen stehen läßt“, so Seith gegenüber der taz.

Ohnehin wurde dem für die Box-WM extra eingerichteten Organisationskomitee durch Land und Bund finanziell unter die Arme gegriffen, um das Risiko für den finanzschwachen DABV zu mindern. Für den veranschlagten Etat in Höhe von 3,27 Millionen Mark sagte Berlin 800.000 Mark zu, eine weitere halbe Million Mark Ausfallbürgschaft stellte der Bund. Den Rest von 1,9 Millionen Mark wollten die Organisatoren ursprünglich aus Sponsorengeldern, der Spektakel-Vermarktung, TV-Rechten und durch den Verkauf von Eintrittskarten decken.

Die Senatsverwaltung für Sport wartet derzeit die Rechnungen des DABV ab. Ob das DABV-Defizit beim Ticket-Verkauf und den Sponsorengeldern gedeckt werde, sei noch keineswegs ausgemacht. „Mit uns hat man noch nicht geredet“, so Moegelin. Die Überraschung könnte in den nächsten Wochen ins Haus flattern, wenn der DABV seine Schlußbilanz unter Dach und Fach hat. Severin Weiland

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