: Vorschlag
■ Löwentanz und Tigerjagd: Puppentheater aus China in Neukölln
Unlängst importierte der Regierende Bürgermeister Diepgen aus China eigenhändig eine gebärfreudige Panda- Bärin. Einen viel interessanteren Importartikel kann man heute im Puppentheater-Museum in Neukölln besichtigen. Das Gastspiel des Tragbalkentheaters aus Tian Jin bietet die in Berlin bisher seltene Gelegenheit, fernöstliches Puppenspiel live kennenzulernen. Das Puppenspieler- Duo Wang Mei und Ma Lu – beide sind Mitglieder des staatlichen Puppenspielerensembles in Tian Jin – gastiert zum zweiten Mal in Deutschland. Ihr buntes Programm knüpft an Fragmente chinesischer Kultur an, die in Europa bereits bekannt sind. Artistische Nummern beispielsweise, in denen Löwen mit riesigen Mäulern tänzerisch Kapriolen schlagen oder Puppenakrobaten auf langen Stäben bedrohlich eiernde Teller balancieren. Auch einen Ausflug in die Welt der chinesischen Literatur wollen die Puppenspieler mit ihrem Berliner Publikum machen. Angekündigt sind unter anderem Szenen aus einem Roman, in denen leibliche Genüsse aller Art den lebenslustigen Zögling eines buddhistischen Mönchs verwirren. Zurück auf den Pfad der Tugend bringt den Irregeführten erst die List eines Affenkönigs. Bekannte Mythen interpretieren Ma Lu und Wang Mei um: Nicht alle Männer, die losziehen, einen Tiger zu bezwingen, sind allein deshalb schon Helden.
Tragbalkentheater existierte in China schon vor dem 8. Jahrhundert. Der Puppenspieler trug seine Bühne mitsamt den Figuren an einem Balken befestigt von einem Ort zum anderen. Vor Kindern und Erwachsenen gab er Märchen und Weisen zum Besten und kommentierte bissig das aktuelle Geschehen. Die Puppenspieler aus Tian Jin beziehen sich auf die Tradition der Wanderbühne, auch wenn sie nicht mehr mit ihren Puppen auf den Schultern umherreisen.
Auftritte wie dieser gehören zum Rahmenprogramm des unlängst eröffneten Puppentheater-Museums in Neukölln. Museumsmief soll dort gar nicht erst entstehen. Was in hiesigen Landen Kaspar & Co. treiben, weiß schon jedes Grundschulkind. Doch wer weiß, wie chinesisches Tragbalkentheater aussieht? Ute Brandenburger
Tragbalkentheater aus Tian Jin. Heute, 16 und 19.30 Uhr. Bei entsprechender Nachfrage auch morgen, 19.30 Uhr im Puppentheater-Museum Berlin, Karl-Marx-Straße 135, Neukölln. Kartenreservierung unter 687 81 32.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen