■ Das Portrait: Der schwarze Rote
Als jüngster Staatssekretär der Bundesrepublik kam der 34jährige Arzt für Inneres, Hans-Helmut Euler, 1976 ins Bremer Gesundheitsressort. Grund genug für das konservative Ärzteblatt, den gebürtigen Bremerhavener als „Revolutionär mit Pensionsberechtigung“ zu bezeichnen. Jetzt tritt Euler als einziger Konkurrent gegen Bildungssenator Henning Scherf um die Nachfolge des zurückgetretenen SPD-Spitzenmanns Klaus Wedemeier an. Am 11. Juni sollen die 9.600 Bremer GenossInnen entscheiden, wer sie für die nächsten vier Jahre entweder in eine rot-grüne oder eine rot-schwarze Koalition führen soll.
Hans-Helmut Euler Foto: Herve Maillet
Inhaltliche Gegensätze gibt es zwischen Euler und Scherf, die seit vielen Jahren befreundet sind und dem gleichen Ortsverein angehören, nicht. Beide entstammen dem linken Flügel der Bremer SPD und wünschen sich eine rot-grüne Koalition. Nach der Landtagswahl, bei der Rot-Grün nur die denkbar knappste parlamentarische Mehrheit erreichte, setzt Euler jetzt allerdings ausschließlich auf die Große Koalition. „In der schwierigen Lage Bremens muß auch die konservative Seite mit in die Verantwortung“, sagte er vergangene Woche.
Euler war von Klaus Wedemeier als Gegenkandidat zu Henning Scherf ins Spiel gebracht worden. Auch diese beiden Männer sind gut vertraut. Drei Jahre lang hatte Euler als Staatssekretär Wedemeiers Senatskanzlei geleitet, bis er 1988 im Gefolge des Skandals um die Bremer „Schwarzgeld-Klinik“ seinen Hut nehmen mußte. Über Jahre hatte der Verwaltungsdirektor des größten Bremer Krankenhauses Bestechungsgelder von Lieferfirmen in die eigene Tasche gesteckt. Der zuständige Senator Herbert Brückner und sein Vertreter Euler hätten nichts davon gemerkt, erklärten sie später einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß.
1989 machte sich Euler selbständig. In fünf Jahren hat er in Bremen eine Gruppe von Fernsehproduktionsunternehmen für Sat.1, Vox und andere Privatsender mit inzwischen rund 100 MitarbeiterInnen aufgebaut. Auch dabei stand ihm der Bürgermeister bei. In Briefen hatte Wedemeier seinen entlassenen Staatsrat damals als „Ansprechpartner in Medienfragen“ benannt. Ein Umstand, der nicht nur einige Mitglieder der Landesmedienanstalt an der nötigen Staatsferne der Eulerschen Koordinationstätigkeit beim Aufbau des Privatfunks im Land Bremen zweifeln ließ. Dirk Asendorpf
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