: Mein Name ist Kühbacher, das Wetter war schön
■ Schönefelder Flughafenaffäre: Brandenburgs Finanzminister war offenbar frühzeitig informiert, doch heute erinnert er sich nur noch an einen sonnigen Tag
Brandenburgs Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher (SPD) ist offenbar stärker in den Grundstücksskandal des Schönefelder Flughafens verwickelt als bisher bekannt. Er wohnte im Juni vor drei Jahren der Unterzeichnung eines Vertrages bei, der gar nicht hätte abgeschlossen werden dürfen – über einen Kredit von 450 Millionen Mark für Grundstückskäufe. Die Geschäftsführung der Berlin Brandenburger Flughafen Holding (BBF) ließ 118 Hektar wertloses Ackerland zu überhöhten Preisen aufkaufen, ohne die dafür notwendige Zustimmung des Aufsichtsrats zu haben, in dem auch Kühbacher Mitglied ist. In der gestrigen Sitzung des Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus hatte der Finanzminister allerdings Schwierigkeiten mit der Erinnerung: Am Tag der Vertragsunterzeichnung sei es sonnig gewesen, er habe Kuchen gegessen, doch an den Inhalt des Vertrages „erinnere ich mich nicht“.
An diesem 29. Juni 1992 hatten sich die Geschäftsführung der Flughafen-Holding, Vertreter der Commerzbank und der Brandenburger Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) im Schloß Cecilienhof getroffen. Damals räumte die Bank der LEG den 450-Millionen- Kredit ein, um damit Grundstückskäufe für die Flughafen-Holding zu finanzieren, die längst getätigt worden waren. Die Bank soll als Sicherung für den Kredit auf eine Bürgschaft der drei Holding-Gesellschafter Berlin, Brandenburg und dem Bund bestanden haben.
Nach Aussage von Christian Bauer vom Bundesfinanzministeriums, der im Aufsichtsrat die Interessen des Bundes vertritt, hatte es bis 1. Juli aber gar keinen Beschluß der Gesellschafter für eine Bürgschaft gegeben. Erst da sei der Verdacht entstanden, daß Grundstückskäufe nicht bevorstanden, sondern bereits getätigt worden waren. Er habe sich von der Geschäftsführung „gelinkt“ gefühlt, sagte der Bundesvertreter, weil die 118 Hektar Ackerfläche lange vor den Beschlüssen des Aufsichtsrats gekauft worden waren.
Finanzminister Kühbacher nahm die Geschäftsführung dagegen in Schutz. Damals sei eine euphorische Stimmung gewesen, es hätten viele Entscheidungen angestanden, und er habe „nicht den Eindruck gehabt, daß mir irgend etwas nicht gesagt wurde“. Kühbacher war vor der Gründung der Holding bereits Aufsichtsratsmitglied der Schönefelder Flughafengesellschaft und schon 1991 über den Ankauf von 30 Hektar unterrichtet gewesen, die vor allem als Fläche für die Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) angekauft worden sein soll. Kühbacher bestritt aber, daß er über die weiteren Ankäufe von Ackergrundstücken, für die die Zustimmung des Aufsichtsrates nötig gewesen wäre, Bescheid gewußt habe. Auch er sei bis Mitte 1992 davon ausgegangen, daß die von der Holding-Geschäftsführung ins Gespräch gebrachten 250 Hektar für die Flughafenerweiterung noch bevorstehen. Dirk Wildt
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