piwik no script img

Bündnisgrüne diskutieren wieder über Gewalt

■ Uneinigkeit bei der Bewertung eines möglichen Bundeswehreinsatzes in Bosnien

Bonn (taz) – Die Eskalationsstrategie der bosnischen Serben hat bei den Bonner Bündnisgrünen die Gewaltdebatte wieder ausbrechen lassen. Vorstandssprecher Jürgen Trittin erklärte einen Tag nach einer Besprechung mit der Bundestagsfraktion gestern die Entscheidung über einen Kampfeinsatz deutscher Soldaten in Ex-Jugoslawien zur innerparteilichen Grundsatzfrage. Die Abgeordneten forderte Trittin ultimativ auf, „in keinem Fall“ der Bereitstellung von Bundeswehrverbänden zum Abzug der Unprofor-Einheiten zuzustimmen.

Die Fraktion hat noch keinen Konsens darüber erzielt, wie sie im Ernstfall die Entsendung von Bundeswehrsoldaten zur Unterstützung der UN-Truppen bewerten will. Mehrere Abgeordnete kündigten bei einer Diskussion der Fraktion am Dienstag an, sie würden in diesem Fall im Bundestag für die Bereitstellung deutscher Truppen stimmen.

Fraktionssprecher Joschka Fischer nannte die Debatte gestern einen „offenen Prozeß“, in den die Parteispitze eingebunden sei. Angesichts einer sich dramatisch verändernden Realität könne die Fraktion nicht wie eine tibetanische Gebetsmühle einmal gefaßte Beschlüsse wiederholen. „Wenn Entscheidungsbedarf besteht, werden wir entscheidungsfähig sein“, versicherte Fischer.

In der Verurteilung des verbrecherischen Vorgehens der bosnischen Serben waren sich laut Fischer Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglieder der Partei einig. Nach Einschätzung Fischers steht eine Mehrheit in der Fraktion zu den grundsätzlichen Positionen der Grünen und ist gegen eine Beteiligung an Kampfeinsätzen. Die Minderheit sehe sich angesichts gravierender Menschenrechtsverletzungen gezwungen, von dieser Grundposition abzurücken.

Die Abgeordneten Gerd Poppe und Angelika Köster-Loßack forderten inzwischen, das UN-Mandat zugunsten der Verteidigungsfähigkeit der Blauhelme und der UN-Schutzzonen zu erweitern. Serbenführer Karadžić müsse von den UN endlich als Kriegsverbrecher behandelt werden.

Trittin forderte die Fraktion gestern in einer Presseerklärung auf, sich an die pazifistische Parteilinie zu halten. Die Entscheidung über einen Kampfeinsatz sei „eine Frage grundsätzlicher Bedeutung für Selbstverständnis und Programmatik“ der Partei. Ein Bundeswehreinsatz würde nach Meinung Trittins nicht nur eine Eskalation bewirken, sondern „unumkehrbar die letzten Hindernisse zu einer nicht mehr kontrollierbaren Militarisierung deutscher Außenpolitik nach dem Ende der Blockkonfrontation beseitigen“. Hans Monath

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen