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„Recht lesbisch“ kommt im Gesetz nicht vor

■ 21. Lesben-Frühlings-Treffen: Diskriminierung Homosexueller in Gesetzbüchern

„Recht lesbisch“ geht es in deutschen Gesetzesbüchern nicht gerade zu: „Es gibt keine Paragraphen, die regeln, was Lesben dürfen oder nicht. Wir werden einfach ignoriert.“ Katrin Behrmann weiß, wovon sie spricht: Die Hamburger Juristin wendet sich seit Jahren gegen die Diskriminierung von Homosexuellen in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft. Beim 21. Lesben-Frühling, zu dem am Pfingstwochenende rund 5 000 in- und ausländische Frauen nach Hamburg reisten, stellten Katrin Behrmann und ihre Hamburger Anwaltskollegin Frauke Schmeling dar, daß Lesben zwar benachteiligt, aber nicht rechtlos sind, was Arbeits-, Sozial-, Miet-, Familien- und Erbrecht angeht.

„Lesbisch sein und Kinderwunsch schließen einander nicht aus“, kritisierte Schmeling die Praxis, daß es für homosexuelle Paare „fast unmöglich ist, ein Kind gemeinsam zu adoptieren.“ Von den Jugendämtern werde dies oft aufgrund der befürchteten gesellschaftlichen Diskriminierung von Lesben abgelehnt, der die zu adoptierenden Kinder nicht ausgesetzt werden sollten. „Größere Chancen“, so Behrmann, „haben Frauen, die die Adoption als einzelstehende Person beantragen.“

Um sicherzustellen, daß das Sorgerecht für die adoptierten – oder auch eigenen – Kinder im Falle des Todes der Mutter nicht irgendwem zufällt, sondern der Lebensgefährtin, empfahl Schmeling, dies durch ein Testament festzusetzen. Wichtig: Das Testament ist nur dann rechtskräftig, wenn es Datum und Ort enthält, handschriftlich und eigenhändig verfaßt und mit Vor- und Nachnamen unterschrieben ist.

Das gilt übrigens auch für Testamente, die Erbschaften regeln. Normalerweise erben ausschließlich die gesetzlichen Erben der Verstorbenen, also ihre Eltern, Kinder oder sonstigen Verwandten. Weil lesbische Paare weder heiraten dürfen noch als eheähnliche Gemeinschaft gelten, geht die Freundin der Verstorbenen meistens leer aus. Schwierigkeiten gibt es selbst dann, wenn der „letzte Wille“ eindeutig regelt, wem welche Hinterlassenschaft zugute kommen soll, denn die Angehörigen können ihren Pflicht-Erbteil einklagen. Als Ausweg riet Schmeling, eine BGB-Gesellschaft zu gründen: „Das funktioniert wie eine Tipp-Gemeinschaft: Zwei Personen schließen einen Vertrag und geben den Zweck ihrer Gesellschaft an.“ Das kann zum Beispiel der Kauf eines gemeinsamen Hauses sein. Im Todesfall fällt das Vermögen der anderen Gesellschafterin zu. Gleichzeitig wird damit dem Fiskus ein Schnippchen geschlagen: Eine lesbische Partnerin muß eine bis zu fünfmal höhere Erbschaftssteuer bezahlen als eine verheiratete Hinterbliebene.

Probleme haben Lesben auch mit dem Auskunfts- und Besuchsrecht ihrer Freundin im Krankenhaus: Hier ist eine schriftliche Willenserklärung hilfreich, die ÄrztInnen von ihrer Schweigepflicht entbindet. Heike Haarhoff

Ausführlichere Infos auch zu Miet- und Arbeitsrecht bietet das Buch: Katrin Behrmann, Bea Trampemann: Mit der Doppelaxt durch den Paragraphen-Dschungel. Rechtsratgeberin für Lesben (und Schwule und andere Unverheiratete). Hamburg 1991

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