: Voll Freude übergab Herr Ali sich
Mit dem Segen des Papstes wurde bei den deutschen Alternativ-Fußballmeisterschaften in Schweinfurt Fußballgeschichte gebrochen: Der neue Meister heißt Finsterlinge Bielefeld ■ Aus Schweinfurt Peter Unfried
Und so begab es sich, daß ein Herr Ali, nachdem er das siegbringende 1:0 für Dynamo Windrad und gegen Partisan Eifelstraße gemacht hatte, eilig sich an den Spielfeldrand bewegte und, um seiner unheuren Freude gebührenden Ausdruck zu verleihen, sich gar mächtig übergab. Es war dies nicht einmal annähernd das Finale der 9. deutschen Alternativ-Meisterschaften, der sportliche Wert des Treffers umstritten, und doch darf man davon getrost ausgehen, daß in diesem kurzen Moment, und selbstredend mit dem Segen des Papstes, wahrhaft Fußballgeschichte gekotzt wurde.
Tiefe Bedeutung hat das Tor insofern, als es entscheidenden Anteil daran hat, daß erstmals in der Historie Juventus Senile vor dem Aachener Alternativgiganten Partisan landete. „Mein Gott“, entfuhr es da einem Akteur des ewig zu kurz gekommenen Punktelieferanten (3:47 Punkte im direkten Vergleich), „wir sind 11. und die 13.!“ Danach hatte es nicht ausgesehen, als Mittelstürmer Müllender, nach eigener eigenwilliger Einschätzung stellvertretender Altersvizepräsident von Senile, sich unmittelbar nach der freitäglichen Auslosung vergiftet wähnte – vom Gruppengegner Petermann durch ein klassisch-raffiniertes Pilzragout. Nun war dies allerdings ein Gerücht, daß ähnlich schlecht roch, wie die Absonderungen des Vergifteten gleich hinter dem Zelt. Der einzige Skandal blieb es jedoch nicht.
Der Los-Skandal: Als drei Bremer Teams in eine Gruppe gelost waren, setzten sie eine Neuauslosung mit jener lächerlichen Begründung („wir wollen nicht immer gegen dieselben spielen“) durch, mit der der VfL Bochum seine Abstiege zu rechtfertigen pflegt.
Der Geographie-Skandal: Warum überhaupt drei Bremer Teams? „Wir kennen uns in Geographie nicht so aus“, sprachen die ansonsten formidablen Veranstalter von KulturPackt und THC Schweinfurt gar nicht zerknirscht, „wir dachten, das seien Holländer.“
Der Verschiebe-Skandal: Herr B., zufällig ein Südfrüchtehändler, kam aufgeregt gerannt: „Das Spiel ist verschoben worden“, ächzte er. Entsetzen allenthalben, bis sich herausstellte: Er meinte verlegt.
Der Meister-Skandal: „Wie seicht ist hier die Furt, durch die früher die Schweine getrieben wurden“, geiferte der dreimalige Meister Rote Nullen Aachen in einem empörten Brief an die „Verunstaltung“, nachdem er wegen „übermäßiger sportlicher Dominanz“ völlig zurecht ausgeladen worden war.
Der Fernseh-Skandal: „Aber leider“, schrieb Ulla Holthoff, Fußball-Chefin des alternativen Spartensenders DSF, „unsere Fußball-Redaktion hat am Wochenende frei.“ Kein Wunder, daß es mit diesem Sender nichts werden wird.
Die Heiligen Socken: Für Platz sieben bekam die Beton Union die berühmte Socke des Schweinfurter Socken-Idols Albin Kitzinger (44 Ländersocken) von 1936 überreicht.
Der taz-Skandal: „Wir waren der beste 21., den es je gab in der Geschichte des alternativen Weltfußballs“, zeterte Teamchef Matti Lieske, nachdem sich drei Siege und zwei Unentschieden zur „besten Bilanz, die wir je hatten“, summierten. Dennoch Vorvorvorletzter? Nun, das pfiffige Team litt unter einem papinesk-dauerverletzten Fehleinkauf sowie unter den Husten-Problemen des Alternativ- Linksaußens.
Die Sieger: waren nach torlosem Finale mit 3:2 im Elfmeterschießen die Finsterlinge Bielefeld, die den durchs Willy-Sachs- Stadion schallenden „Hinter vor“- Chören pro Gegner Hinter Mailand (Meister 1990) eine Absage erteilten. Und nun zur Strafe das Turnier ausrichten müssen.
Das ärztliche Bulletin: Von zwölf Krankenhauseinweisungen, so wurde, offenbar von Neidern, kolportiert, gingen vier auf das Konto der ehrgeizigen Sieger. Droht ihnen ein ähnliches Schicksal wie den Roten Nullen?
Das Fazit: So oder so ähnlich hat es sich zugetragen. Oder anders. Oder ganz anders.
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