: Der Transrapid kommt – als Büro
Bund und Privatindustrie wollen Magnetschnellbahn in Hochgeschwindigkeit realisieren / Heute wird Einfädelung nach Berlin vorgestellt / Tatsächlich aber gerät der Zeitplan durcheinander ■ Von Dirk Wildt
Der Transrapid hat ab heute in Berlin eine Lobby. Die Magnetschnellbahn Planungsgesellschaft GmbH hat im Oktober vergangenen Jahres bereits ihre Zelte in Schwerin und dann in Hamburg aufgeschlagen, heute soll ein Büro in Reinickendorf an der Nonnendammallee eröffnet werden. Mit dem Büro verfolgen die Gesellschafter der GmbH mehr als nur einen repräsentativen Zweck. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) und die an der GmbH beteiligten Verkehrs- und Bauunternehmen wollen noch im Sommer ein sogenanntes Raumordnungsverfahren eröffnen, mit dem die sowohl ökonomisch wie ökologisch optimalen Streckenverläufe von Hamburg nach Berlin und innerhalb beider Stadtgebiete gefunden werden sollen. Im Jahr 2005 soll der Transrapid dann am Hamburger Hauptbahnhof starten und über Spandau nach Berlin hineindonnern. Der Science-fiction- Transporter soll auf dieser Strecke jährlich 14 Millionen Passagiere befördern. Doch wo genau die von der Industrie gerne als „flüsternder Pfeil“ bezeichnete Magnetbahn fahren soll, ist weiterhin unklar. Verkehrssenator Herwig Haase (CDU), der Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums Johannes Nitsch, Brandenburgs Verkehrsminister Hartmut Meyer und Thomas Hertz von der Industrie- und Handelskammer wollen heute mehrere Möglichkeiten der Öffentlichkeit vorstellen, deren Vor- und Nachteile mit dem Raumordnungsverfahren geprüft werden sollen. Bei dem Verlassen der Hansestadt Hamburg soll es drei Varianten, bei der Hineinfahrt nach Berlin vier Varianten geben, hieß es gestern in Gesellschafterkreisen. Während in Hamburg wenigstens klar ist, daß die Magnetbahn zum Hauptbahnhof ins Stadtzentrum fährt, soll in Berlin noch immer ungeklärt sein, ob der Magnetzug den neuen Lehrter Hauptbahnhof erreicht. Auch muß noch genauer untersucht werden, an welchen Abschnitten der Gleiter auf Stelzen und wo möglicherweise im Tunnel fahren könnte. Bislang soll der Personentransporter die Stadt über Spandau erreichen, von dort zum Westkreuz und zur Papestraße oder zum Lehrter Bahnhof weiterfahren. Hartnäckig halten sich Gerüchte, nach denen Verkehrssenator Haase die Magnetbahn durch einen der Tunnel unter dem Tiergarten sausen lassen will.
Die Hälfte der Gesellschafteranteile hält der Bund. Die andere Hälfte teilen sich Thyssen, Siemens, AEG Schienenfahrzeuge, Dyckerhoff & Widmann AG, Hochtief, Philip Holzmann und die Deutsche Bahn zu je einem Siebtel. Waren für den Bau der Strecke vor einem Jahr noch 5,6 Milliarden Mark im Gespräch, ist diese Summe bereits auf knapp neun Milliarden Mark gestiegen, meldete Verkehrsminister Meyer letzten Monat. Aus Bundesmitteln soll der Bau bezahlt werden, während die Privatindustrie bislang 3,3 Milliarden Mark für den Betrieb finanzieren will. Alle gemeinsam drücken bei dem Bau des Transrapid mächtig auf die Tube, scheint doch die Magnetbahn im Wettlauf mit dem schnellen ICE (Intercity- Express) immer mehr an Boden zu verlieren. Weil der Transrapid nicht auf der Eisenbahnschiene fahren kann, gestaltet sich die Einfahrt in Bahnhöfe als besonders schwierig – wenn nicht gar unmöglich. Lange und komplizierte Umsteigewege erhöhen den Zeitaufwand für den Reisenden und machen die Magnetbahn unattraktiv.
Der gesamte Zeitplan ist inzwischen aber ins Wackeln geraten. Das Potsdamer SPD-Kabinett drängt auf mehrere Haltepunkte der Magnetbahn in Brandenburg. Die Gesellschafter wollen wiederum möglichst wenig Stationen, relativiert sich durch jeden Stop doch der Zeitgewinn durch die Reisegschwindigkeit von bis zu Tempo 500. Um sich in diesem Interessenkonflikt nicht über den Tisch ziehen zu lassen, hat das Kabinett „zur Sicherung brandenburgischer Interessen“ eine Interministerielle Arbeitsgruppe (IMAG) „Transrapid“ gegründet. Verkehrsminister Meyer rechnete schon vergangenen Monat damit, daß die „zeitlichen Vorstellungen“ der Planungsgesellschaft damit „überholt“ sind. Im günstigsten Fall könne mit dem Raumordnungsverfahren erst im Sommer kommenden Jahres begonnen werden. Seine Landesregierung gehe von einem Zeitverzug von mindestens einem Jahr aus.
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