piwik no script img

„Wir sind christlich und sozial“

■ Neu: Partner- und Ehevermittlung für HIV-Infizierte

Nürnberg (taz) – „PV – die erste Partner- und Ehevermittlung für HIV-Infizierte in Europa“ kommt ausgerechnet aus dem oberbayerischen Eggenfelden. Der 27jährige Konditor Stefan Wehner hat sich mit einem befreundeten Taxiunternehmer zusammengetan, um HIV- Infizierten die Möglichkeit zu verschaffen, „ein normales Liebesleben zu führen“. 2.400 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer muß der Interessent berappen, um in die Computerdatei aufgenommen und europaweit vermittelt zu werden. Zusätzlich muß er ein ärztliches Attest über seine Infizierung vorlegen.

Michael Lenz, Pressesprecher der Deutschen Aids-Hilfe, fehlen die Worte. „Das ist unglaublich, das klingt nach Geldschneiderei.“ HIV- Positive könnten auch ohne eine derartige Vermittlung ein „normales Liebesleben“ führen. „Das Problem kann doch wenn nötig mit einem Kondom geregelt werden.“

taz: Herr Wehner, wie kamen Sie auf die Idee dieser Art von Partnervermittlung?

Wehner: Es gibt etliche Ehe- und Partnervermittlungen für Otto-Normalverbraucher. Für diesen betroffenen Personenkreis gibt es aber keine Möglichkeit, an einen Partner zu kommen, ohne daß die große Hürde HIV-Infizierung auftritt. Ich persönlich bin CSU- Mitglied und die CSU steht für christlich und sozial. HIV-Infizierte haben wie jeder andere Mensch auch das Recht, das Leben mit einem Partner zu führen. Dabei wollen wir helfen – primär im heterosexuellen Bereich.

Ist Ihre Partnervermittlung also eine Verknüpfung von christlich-sozialem Engagement mit marktwirtschaftlichem Denken?

Ja gut, wir sind natürlich kein caritativer Verband. Wir verlangen ein bißchen Geld, wir haben ja unsere Auslagen. Wir hoffen auf guten Zuspruch und werden dann irgendwann einmal soweit sein, daß wir Angestellte haben können. Im Vordergrund steht aber, diesen Leuten zu helfen. Außerdem tragen wir zur Eindämmung des Virus bei, weil es in gewissen Kreisen bleibt.

Sind Sie selbst betroffen?

Nein, wir sind weder HIV-infiziert noch homosexuell, noch hatten wir bisher mit Aids-Infizierten zu tun. Aber das spielt doch keine Rolle. Mit ein bißchen Feingefühl kann man sich ausrechnen, wie sich solche Leute in unserer Gesellschaft fühlen.

Viele CSU-Politiker plädieren für die Registrierung aller HIV- Infizierten. Wäre da Ihre Datei nicht von Interesse?

Das kann ich mir nicht vorstellen, wir haben ja so etwas wie Datenschutz bei uns.

Wieviele Personen haben Sie bereits in Ihrer Datei?

Noch keine. Wir haben aber erst letzte Woche angefangen. Bernd Siegler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen