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Müll trennt Grüne

■ Parteikrach um die Zukunft der Entsorgung: Vorerst gibt es keine gemein-same regionale Abfallstrategie der Grünen in Niedersachsen und Bremen

Müll ist ein heißes Thema der Zukunft. Die Frage nach dem besten Entsorgungssystem reißt tiefe Gräben auch zwischen Bündnisgrünen auf. Das bewies eine Diskussionsrunde von AbfallexpertInnen und -politikerInnen, die sich am Freitag auf Einladung der Bremer Bürgerschaftsfraktion der Grünen/ Bündnis 90 im Bürgerhaus Weserterrassen traf. Weil sich schon jetzt in Niedersachsen Überkapazitäten für Restmüllentsorgung abzeichnen, während in der Stadt Bremen über Müllverbrennung nachgedacht wird, gesellen sich zur ökologischen Debatte verschärft die ökonomischen Fragen. Die behinderten am Freitag die grüne Debatte über die „Rahmenbedingungen für Regionales Restabfallmanagement“. Eine Grundlinie für künftige regionale Zusammenarbeit kam nicht zustande.

Stattdessen standen spezielle Provinzinteressen im Vordergrund, wie sie hinter Landes- und Kreisgrenzen gedeihen. Bereits bestehende Entsorgungskonzepte vor Ort beeinflussen auch grüne Positionen: „Wer sein Müllproblem jetzt bereits billig löst, hat weniger Druck, zu kooperieren“, faßte der niedersächsische Landtagsabgeordnete Christian Schwarzenholz das Dilemma einer gemeinsamen Regionalplanung zusammen. Seltenere Müllabfuhr bei steigenden Gebühren stinkt den BürgerInnen – und bedroht auch grüne Politik. Die wird durch lokale Mehrheitsverhältnisse zusätzlich geschwächt.

Die Folgen lokaler Zwänge wurden am Freitag überdeutlich. Die Spannweite der grünen Positionen reichte von der verhaltenen Zustimmung zu einer stadtbremischen Restmüllbeseitigung inklusive begrenzter Müllverbrennung (RABA) in Bremen bis zur grünen Wesermarsch-Antwort darauf: „Wir müssen Müllverbrennung grundsätzlich bekämpfen und wollen mit Euch das Wie der Verbrennung nicht diskutieren“. Dazu kam ein gerüttelt Maß allgemeiner Frust: „Wenn Bremen demnächst vielleicht rot-schwarz wird, gibt's sowieso nur die Müllverbrennung im großen Stil. Da können wir hier viel diskutieren.“

Noch zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode hatten die Bremer Grünen die Schließung der Müllverbrennungsanlage und einen Ersatz durch moderne Entsorgungstechnologie versprochen. Davon ist nun nicht mehr die Rede. Der Streit um die Nachfolge der MVA bewegt sich auf seinen Höhepunkt zu. Die Müllverbrennungsanlage (MVA), ungeliebtestes aller Ent-sorgungssysteme, ist nicht nur wegen Schadstoffausstoß umstritten. „Dieses Problem ist dank gesenkter Emissionen nicht mehr der Hauptpunkt“, so die Bremer Umweltexpertin Elisabeth Hackstein. Problematisch sei bei zentralen Anlagen jedoch das zusätzliche Verkehrsaufkommen. Das müsse in die Schadstoffbilanzen der jeweiligen Entsorgungskonzepte eingerechnet werden, forderte auch Referent Klaus Prietzel von den Bremer Recyclinghöfen. Noch bedenklicher, weil schwer kalkulierbar, sei die Sogwirkung einer solchen Anlage auf das Umland. Denn die Wirtschaftlichkeit der Verbrennungsanlagen ist von entsprechender Auslastung abhängig, das heißt von zuverlässigen Müllieferungen. Nähme das Müllaufkommen aber stärker ab, als derzeit kalkuliert, würde Müllvermeidung schnell zur Farce.

Wie leicht Fehleinschätzungen geschehen, bewiesen erst vor kurzem überhöhte Prognosen für Baustellenabfall. Die führten letztlich zu einer Recycling-Abschottung Bremens von Niedersachsen; „eine Panne“, für die sich die Bürgerschaftsabgeordnete Elisabeth Hackstein bei den UmlandvertreterInnen ausdrücklich entschuldigte.

Doch deren Mißtrauen ist geweckt: Würde sich eine ähnliche Fehlprognose für Restmüll wiederholen, wäre ein billiges Verbrennungsangebot durch Bremen der Todesstoß für kleinere mechanisch-biologische Behandlungsanlagen (MBA) im Umland. „Schon jetzt macht die Verbrennungs-Diskussion in Bremen Druck auf die Gebietskörperschaften. Unsere kleine, dezentrale MBA wird nur auf Sparniveau errichtet. Bei uns schielen schon alle auf das Jahr 2005, wenn es mit der billigeren Verbrennung losgehen soll“, berichtete ein Umland-Grüner. Auch die Rotenburger Kollegin gestand ein: „Uns hat der jahrelange Kampf gegen Verbrennung nix gebracht. Wir setzen jetzt auf Müllvermeidung“ – und ging.

Das Bewußtsein, als politische Minderheit keine allgemeine Richtungsentscheidung vorzugeben, lähmte die Diskussion. „Schließlich, wer kommt denn in die Zweckverbände? Die anderen – doch nicht die Grünen“, ereiferte sich ein Umland-Vertreter und erntete Zustimmung. Seine Analyse, „daß die Privatisierung auf dem Müllsektor wie eine Entpolitisierung wirkt, weil parlamentarische Einflußmöglichkeiten verloren gehen“, muß erweitert werden. Offensichtlich hemmt sie auch die bündnisgrüne Regionalpolitik.

Eva Rhode

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