: Spezialteam soll Schwarzarbeit bekämpfen
■ Bundesweites Pilotprojekt ab August / Jeder vierte Bauarbeiter ist illegal tätig
In Berlin wird mit einem bundesweiten Pilotprojekt ab August verstärkt gegen illegale Ausländerbeschäftigung auf Baustellen vorgegangen. Ein Spezialteam mit 150 eigens ausgebildeten Kräften des Landesarbeitsamtes soll innerhalb der nächsten drei Jahre erheblich mehr Fälle illegaler Beschäftigung aufdecken und so die Zahl arbeitsloser Bauarbeiter in der Region reduzieren. Das teilte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Horst Günther (CDU), gestern in Berlin mit. Bisher seien lediglich 25 Mitarbeiter gegen illegale Tätigkeit vorgegangen.
Es sei ein Skandal, so Günther, daß auf einer der größten Baustellen der Welt etwa 32.000 arbeitslose Bauarbeiter gemeldet seien. Dies sei größtenteils auf Schwarzarbeiter aus den osteuropäischen Ländern zurückzuführen. Nach Angaben des Landesarbeitsamtes Berlin-Brandenburg ist mindestens jeder vierte der rund 120.000 Beschäftigten im Berliner Baugewerbe illegal tätig. Günther forderte zugleich Unternehmen und Verbände der Branche zu einer „Selbstsäuberung“ auf. Zudem dürften die Gerichte illegale Beschäftigung nicht mehr überwiegend als Kavaliersdelikt ahnden. Vermehrt sollten daher auch Freiheitsstrafen verhängt werden.
Das neue Team wird zunächst mit 75 Mitarbeitern beginnen und dann bis Anfang 1996 auf 150 Spezialisten aufgestockt werden. Die Sondertruppe wird über die Einnahmen aus Werkvertragsgebühren finanziert, die Unternehmen für die legale Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Länder zahlen müssen. Bei erfolgreichem Kampf in und um Berlin solle das Projekt auf andere Schwerpunktgebiete in Deutschland ausgedehnt werden. Als Beispiele wurden der Dresdner, Leipziger, Stuttgarter und Münchner Raum sowie das Rhein- Main-Gebiet genannt. In Berlin wurden den Angaben zufolge 1994 rund 2.800 Fälle illegaler Beschäftigung aufgedeckt. In mehr als 1.200 Fällen seien Strafanzeigen erstattet sowie Verwarnungs- und Bußgelder in Höhe von 1,8 Millionen Mark verhängt worden.
Zur angestrebten Entsenderichtlinie gegen eine Bezahlung ausländischer Bauarbeiter unter Tarif auf deutschen Baustellen hieß es, auf dem nächsten Treffen des Arbeitsministerrats der Europäischen Union Ende dieses Monats werde erneut eine europäische Lösung gesucht. Auf nationaler Ebene solle eine entsprechende Regelung bald im Bundeskabinett verabschiedet werden. dpa
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