: Wackelige Rente?
■ Wissenschaftlicher Parlaments-Dienst zweifelt Verfassungsmäßigkeit der Pension für Ost-Abgeordnete an
Die geplante Staatsrente für 45 Ostparlamentarier im Abgeordnetenhaus stimmt möglicherweise nicht mit der Berliner Verfassung überein. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten, das der Wissenschaftliche Parlaments- Dienst (WPD) im Auftrag des Innenausschusses erstellt hat. Nach Prüfung einer Gesetzesvorlage, die vor gut einem Monat 67 Abgeordnete als Gruppenantrag einbrachten, sei es „zweifelhaft“, ob die damit verbundene „Privilegierung des betroffenen Personenkreises verfassungskonform“ ist.
Wie berichtet, sollen 45 Ostberliner Abgeordnete mit einem Trick in den Genuß der vollen Pensionsansprüche kommen. Hierfür sind mindestens sieben Jahre parlamentarische Mitgliedschaft erforderlich. Die achtmonatige Mitgliedschaft der Ostparlamentarier 1990/91 in der Stadtverordnetenversammlung soll nun per „Zeitsprung“ mit der zweijährigen 11. Westberliner Wahlperiode gleichgesetzt werden. Zusammen mit der jetzt zu Ende gehenden fünfjährigen 12. Wahlperiode hätten sie somit das gesetzliche Quorum erfüllt und bekämen dann ab dem 63. Lebensjahr 45 Prozent ihrer Diäten als Altersversorgung.
Nach Ansicht des WPD muß sich die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesänderung am Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes messen lassen. Das Gutachten stellt allerdings fest, daß der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt wurde. Unter anderem nennt der WPD die „einmalige historische Situation“ der Wiedervereinigung, durch die die ursprünglich für vier Jahre vorgesehene Wahlperiode der Ostberliner Stadtverordnetenversammlung schon nach acht Monaten im Januar 1991 beendet wurde. Aufgrund der damaligen Ausnahmesituation sei die nun vorgesehene „Privilegierung“ nicht willkürlich.
Nach Ansicht der rechtspolitischen Sprecherin Renate Künast weist das fünfzehn Seiten umfassende Gutachten Rechtsfehler auf. Die Fraktion will daher auf der heutigen gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses die Vertagung des Themas und eine spätere Anhörung von Sachverständigen beantragen. Dabei soll laut Künast jede Fraktion einen Sachverständigen bestimmen. Als „chronique scandaleuse“ bezeichnete sie die Umstände, unter denen sowohl die Gesetzesvorlage der 67 Abgeordneten als auch das Gutachten erstellt wurden.
Wie berichtet, war in beiden Fällen der WPD beteiligt worden. Die Doppelfunktion des WPD war auch im Ältestenrat des Abgeordnetenhauses thematisiert worden. Trotz Kritik von Bündnisgrünen und FDP hatte Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien (CDU) darin aber kein Problem gesehen. Severin Weiland
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