piwik no script img

Öko-Audit ohne GutachterInnen

Bei der Zulassung der ÖKo-Audit-PrüferInnen agiert das industrienahe Auswahlgremium (DAU) bislang ohne Umweltverbände  ■ Von Christian Rath

Freiburg (taz) – Das neue System der Umweltbetriebsprüfungen (Öko-Audits) hat Startschwierigkeiten. Seit zwei Monaten können sich umweltbewußt produzierende Unternehmen das Audit- Siegel ausstellen lassen, doch noch immer ist in Deutschland kein(e) einzige(r) GutachterIn zugelassen. Wie viele Betriebe schon in den Startlöchern sitzen, kann deshalb nur gemutmaßt werden. Die Unternehmen können mit der Beteiligung am Audit-System Imagewerbung betreiben, aber sie dürfen auch auf günstigere Versicherungsprämien und weniger Behördenaufsicht hoffen.

Integrität der Prüfer ist entscheidend

Dreh- und Angelpunkt des Systems sind die unabhängigen UmweltgutachterInnen, die abschließend das eingeführte Umweltmanagement, die internen Umweltbetriebsprüfungen und die für die Öffentlichkeit bestimmte Umwelterklärung des Unternehmens überprüfen. Mit ihrer Integrität steht und fällt das Öko-Audit. Wer diese GutachterInnen zuläßt und überwacht, sagt die zugrundeliegende EU-Verordnung allerdings nicht. In der Bundesrepublik standen sich lange Zeit zwei Modelle gegenüber. Der damalige Umweltminister Klaus Töpfer schlug vor, die Zulassung der Gutachter dem Umweltbundesamt anzuvertrauen. Die Spitzenverbände der Wirtschaft konterten mit einem „Kammermodell“, bei dem die Industrie- und Handelskammern die zentrale Rolle spielten.

Erst Anfang des Jahres kam es zum Kompromiß: Für Zulassung und Aufsicht wird die von der Wirtschaft gegründete „Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter“ (DAU) zuständig sein. Ihr zur Seite wird ein Umweltgutachterausschuß (UGA) stehen, in dem Bund und Länder, Wirtschafts- und Umweltverbände, Gewerkschaften und UmweltgutachterInnen vertreten sein sollen.

Aufgabe dieses pluralistischen Gremiums wird es insbesondere sein, der DAU inhaltliche Richtlinien vorzugeben und eine Liste der PrüferInnen aufzustellen, die über die angehenden GutachterInnen entscheiden sollen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird aber erst im Herbst den Bundestag passieren. Solange hängt der gefundene Kompromiß noch in der Luft.

Übergangsweise haben nun die Länder die Gutachterzulassung übernommen. Doch da sie bei der Zulassung bereits mit der DAU zusammenarbeiten wollen, stellte sich schnell das Problem, ob die wirtschaftsnahe Zulassungsstelle gerade in der besonders sensiblen Aufbauphase ganz allein mit der Arbeit beginnen sollte.

Sollte sie nicht: Länder, DGB und Umweltverbände kamen auf die Idee, den Umweltgutachterausschuß schon jetzt informell zu konstituieren. Ende März faßten die Umweltministerien der Länder deshalb den Beschluß, einen „Prä- UGA“ zu gründen. Teilnehmen wollen alle Gruppen des späteren Gutachterausschusses.

DAU-Chef Markus Racke, bis vor kurzem beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) beschäftigt, ist davon nicht begeistert. Er beruft sich auf die Verträge mit den Ländern, in denen tatsächlich nichts von einem zusätzlichen Gremium steht.

Deshalb steht drei Monate nach dem Länderbeschluß der Prä- UGA noch immer nur auf dem Papier. Am Mittwoch sollte auf der Düsseldorfer Umweltmesse „Envitec“ der Arbeitsbeginn verkündet werden. Wegen Terminproblemen baten jedoch das Merkel-Ministerium und die Gewerkschaften um Aufschub.

Wirtschaft entwirft Richtlinien selbst

Inzwischen hat die DAU bereits selbst mit der Ausarbeitung von Prüfungsleitlinien und der Berufung von PrüferInnen begonnen. „Es sind Personen aus allen beteiligten Interessengruppen dabei, auch wenn wir nicht ausdrücklich auf Proporz geachtet haben“, versucht Racke SkeptikerInnen zu beruhigen. Er weiß, daß er in der Übergangsphase von den Weisungen der Länder abhängig ist. Racke hielte es für „eine elegante Lösung“, wenn sich der Prä-UGA darauf beschränken würde, einfach die bisherige DAU-Arbeit abzusegnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen