piwik no script img

Kirche meidet Konflikte

■ Zu Bosnien haben der Kirchentag und sein Präsident unterschiedliche Botschaften

Hamburg (taz) – Bibel und Beten, Promis und Politiker, Kunst und Kino. Was ist Kirchentag? Ein Teller Buntes, der jedem etwas bietet. 130.000 Menschen haben sich fünf Tage lang als Masse durch Hamburg geschoben. Mehr als die Hälfte war unter dreißig Jahre alt und mehr als die Hälfte waren Frauen. Gestern hat der 26. Deutsche Evangelische Kirchentag seine Pforten geschlossen.

„Zeitansage“ will der Kirchentag sein – hätte es auch dieses Jahr sein können. Brisante politische Themen standen auf dem Programm: Migration, Asylrecht, Arbeitslosigkeit, der Balkankrieg. Doch der Streit flackerte nur am Rande auf. Bei einer Veranstaltung mit Umweltministerin Angela Merkel, die von AtomkraftgegnerInnen niedergepfiffen wurde. Beim Frauenforum, das sich mit patriarchalen Männern herumschlug – allerdings unter deren Abwesenheit. Natürlich gab es ein bißchen Protest gegen Shell. Und selbstverständlich gab es Demonstrationen. Doch bei einem Protestmarsch gegen Abschiebehaft versammelten sich gerade mal 800 Menschen. Und zu der „großen“ Demonstration für das „Menschenrecht auf Asyl“ und gegen Out-of-Area-Einsätze kamen lediglich 2.000 TeilnehmerInnen.

Was den Kirchentag häufig auszeichnete – ein „Gemeinschaftsgefühl“ zu entwickeln und trotzdem harte inhaltliche Debatten auszutragen –, ist in Hamburg auf der Strecke geblieben. So hatte sich Kirchentagspräsident Ernst Benda wiederholt – aber nie auf einem Kirchentagsforum – für eine militärische Intervention in Bosnien ausgesprochen. In einer Resolution an den Bundestag forderte die Kirchentagsbasis das genaue Gegenteil. Doch in seinem Abschlußstatement verkündete Benda gestern erneut: „Wir sehen auf das Morden in Bosnien. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, das Morden nur zu beklagen.“ bam Seiten 5 und 14

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen