: Selbstbedienungsladen LSB
■ Profiteure: Ein LSB-Geschäftsführer, ein Ortsamtsleiter und ein Arbeitsvermittler
Pikante Neuigkeiten im LSB-Skandal: Nach und nach tauchen immer mehr Namen auf, die sich beim Bauprojekt des Landessportbundes auf Kosten der SteuerzahlerInnen selbst bedient haben. Und es sind nicht gerade unwichtige Leute: Der ehemalige Geschäftsführer des Landessportbundes, der selbst nach seiner Pensionierung bis heute für die Bauabteilung zuständig ist; der Ortsamtsleiter für Walle und Gröpelingen und ein Arbeitsvermittler beim Arbeitsamt, der einige ABM-Kräfte der Bauabteilung betreute. Nicht irgendwer, denn zumindest der LSB-Geschäftsführer und der Arbeitsvermittler waren immer wieder mit den Klagen der Bauarbeiter über den rüden Führungsstil des mittlerweile suspendierten Bauchefs Siegfried Jakubowski befaßt.
Die Friedensheimerstraße in Grambke, eine gutbürgerliche Wohngegend. Hier wohnt Rudolf Kauer. Kauer war bis Anfang 1993 Geschäftsführer beim LSB, aber gearbeitet hat er über seine Pensionierung hinaus. Um den Nachfolger zu entlasten führte Kauer von der LSB-Zentrale aus die Bauabteilung unter Siegfried Jakubowski. Und er hatte auch was davon. Nämlich einen Wintergarten. Den bauten ihm die LSB-Tischler. Fenster, Türen, alles, was in der Tischlerei vorgefertigt werden mußte, das wurde in der normalen Arbeitszeit gebaut. Und in der ganz normalen Arbeitszeit fanden dann auch die Bauarbeiten vor Ort statt. Vier Mann hoch waren die Tischler da.
Kauer bestreitet nicht, daß LSB-Tischler bei ihm gearbeitet haben. „Aber das war alles am Wochenende. und die Fenster habe ich von einem Privatmann gekauft. Von wem, das will ich nicht sagen“, verteidigte er sich gestern. Kauer – ein Opfer dunkler Kräfte: „Ich bin geleimt worden. Heute habe ich mich bei der Staatsanwaltschaft selbst angezeigt, damit die Sache geklärt wird.“ Wenn er mit seiner Version mal nicht Schiffbruch erleidet. Der taz liegt die Aussage eines Tischlers vor, der Stein und Bein schwört, daß er und seine Kollegen sowohl die Werkstattarbeiten als auch den Bau vor Ort in ihrer Arbeitszeit erledigt haben. „Wir waren doch zum größten Teil alte Männer. Da mache ich doch keine Überstunden.“ Plausibel, wieso die Bauarbeiter mit ihren Beschwerden bei Kauer über Jahre nicht gut landen konnten.
Nicht besonders gut landen konnten die Bauarbeiter mit ihren Klagen auch beim Arbeitsamt, beim Arbeitsvermittler Burchard. Der sucht ABM-Kräfte für die Baukolonnen aus, und er kann gut mit Siegfried Jakubowski, sagen die MitarbeiterInnen unisono. Er hatte was davon. Burchard hat vor einigen Jahren gebaut, in Fahrenhorst. Und da kamen ihm seine guten Verbindungen zur LSB-Bauabteilung gut zupaß. Burchard bestellte nämlich eine ganze Fuhre Fliesen via LSB bei der Norddeutschen Steingutfabrik in Grohn. Die bekam er nicht etwa geschenkt, der LSB kriegte schon sein Geld, aber immerhin konnte sich der Privatmann Burchard über Großhandelspreise freuen. Und frei Haus hat er die Ladung auch bekommen, Mitte Dezember 1992, auf einem LSB-LKW mit einem LSB-Fahrer hinterm Steuer. Der kann sich noch gut erinnern: „Der Anhänger ist fast zusammengebrochen.“
LSB-Leistungsempfänger Nummer drei freut sich über Möbelzuwachs leidet aber unter Gedächtnisschwund: „Ich weiß überhaupt nicht mehr, wen ich damals angesprochen habe. Ich mußte umziehen, und da brauchte ich Schränke. Und die Leute waren so nett.“ Die netten Leute waren die LSB-Tischler. Und der mit dem Gedächtnisschwund ist kein ganz Unwichtiger im Bremer Westen, wo die LSB-Bauabteilung ihren Sitz hat: Bernd Peters, Ortsamtsleiter für Walle und Gröpelingen. Für seine neue Wohnung am Osterdeich bauten die Tischler vor drei Jahren einen Einbauschrank und ein Regal, natürlich während der Arbeitszeit. Und sie bauten ihre Werke auch ein, natürlich auch während der Arbeitszeit. Fast einen ganzen Tag haben die beiden Tischler gebraucht.
Peters hat bezahlt, sagt er. Für das Holz sowieso, „und dem Meister hab ich 200, 300 Mark gegeben.“ Die Tischler vor Ort haben keinen Pfennig gesehen, beteuern sie. An das Geld erinnert sich Peters, nur mit wem er diesen Deal vereinbart hat... „Ich hatte eben die Kontakte.“ Jochen Grabler
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